Geisterspiele sind keine Option

Wer hat so etwas kommen sehen? Noch vor zwei Monaten war Corona nur eine unbekannte Krankheit die im entfernten China aufgetreten ist. Auch die ersten Fälle in Italien schreckten noch niemanden auf, so dass selbst am 19. Februar in Mailand ein Fußball-Spiel mit über 44.000 Zuschauern ausgetragen wurde. Seitdem überschlagen sich aber die Ereignisse und heute ist Corona eine weltweite Pandemie, welche unser aller Alltag massiv verändert hat. Vor allem in den letzten Wochen gab es nahezu täglich neue Informationen und Regeln, die es zu beachten galt.
Auch den Sport hat Corona fest im Griff, und so pausiert aktuell die Fußball-Bundesliga, die 1. und 2. Eishockey-Liga wurde vorzeitig beendet und auch Großveranstaltungen, wie unter anderem die Fußball-EM im Juni und die olympischen Spiele Ende Juli wurden schon verlegt.

Auch die Ravensburg Razorbacks haben schon seit mehr als zwei Wochen ihre Trainingsaktivitäten eingestellt und der American Football Verband Deutschland (AFVD) hat inzwischen den Start der GFL Saison um einen Monat auf Ende Mai/Anfang Juni verschoben. Mit jedem Tag und immer neuen Zahlen zu der Corona Pandemie muss aber auch die GFL und deren Vereine sich mit möglichen Szenarien, wie einer Verkürzung der Saison bis zu einer Absage beschäftigen. Auch die Abteilungsleitung der Razorbacks bereitet sich seit Mitte März intensiv auf die verschiedenen Szenarien vor.

Das aktuell vom AFVD geplante Szenario sieht eine Verschiebung des Saisonbeginns um einen Monat auf das letzte Mai Wochenende vor. Hierzu ist der Verbandssprecher der Razorbacks, Bernd Fischer, in enger Abstimmung mit der Liga, den anderen Vereinen, sowie der Stadt Weingarten. Außerdem ist natürlich Eventmanager Alexander Seyfried im engen Austausch mit den bereits geplanten Bands und Gruppen für das Rahmenprogramm. "Im Gegensatz zur Fußball Bundesliga sind für uns Geisterspiele keine Option", stellt Seyfried aber von vornherein klar. "Wir haben keine TV-Gelder, die auch ohne Zuschauer im Stadion fließen. Wir brauchen unsere Fans bei jedem Heimspiel, damit sich der Spieltag finanziert." Da die Footballer aus dem Schussental beim Rahmenprogramm ihrer Spieltage schon länger sehr erfolgreich vor allem auf Nachwuchsbands, Vereine aus der Region und freundschaftliche Kooperationen setzen, wären Geisterspiele gleichzeitig auch ein herber Rückschlag für diese Erfolgsgeschichte. Auch die Rückzahlungen der Ticketpreise an die Dauerkartenbesitzer wäre ein erheblicher finanzieller Einschnitt, was nachhaltig das Programm der Oberschwaben beeinflussen würde. Nicht reduziert werden können bei diesem Szenario nämlich die Kosten für die Schiedsrichter und die Betreuung des Teams.

Ein weiteres Szenario ist eine verkürzte Saison mit dem fixen Ende am 10.10.2020. An diesem Tag soll der German Bowl – das Finale der Deutschen Meisterschaft - in der Frankfurter Commerzbank Arena ausgetragen werden. Dieses Szenario ist stark davon abhängig, wann und in welchem Umfang die aktuellen Einschränkungen gelockert werden. Der sportliche Leiter Oliver Billstein ist zusammen mit Head Coach Sebastian Fandert hierzu im regen Austausch mit den anderen Vereinen. "Man kann sich hierbei viele Varianten vorstellen", weiß Billstein über den Austausch. "Oberstes Ziel aller Vereine bei allen Varianten ist ein möglichst fairer Wettbewerb."

Eine wesentliche Herausforderung bei beiden Szenarien sind die Importspieler der einzelnen Teams. Auf Grund der sich zuspitzenden Situation in den USA und dem aktuell nicht planbaren Start des Trainingsbetriebs, hat der Quarterback Garrett Dellechiaie gebeten, nach Hause reisen zu können, um sich dort um seine Familie zu kümmern. Diesem Wunsch haben die Razorbacks natürlich entsprochen und konnten über Nacht einen Rückflug organisieren. Außerdem haben die Razorbacks sehr frühzeitig mit allen Imports Kontakt aufgenommen und gemeinsam mit ihnen den Verbleib im jeweiligen Heimatland geregelt. Soweit noch möglich wurden Flüge storniert, um diese Kosten einsparen zu können. Neben den Flugkosten fallen speziell bei den Spielern aus Übersee auch noch Gehaltskosten an, welche durch die spätere Anreise reduziert werden können. "Alle Spieler hatten für unser Vorgehen Verständnis", sagt Billstein, "aber natürlich müssen sie jetzt anderweitig Geld verdienen und können uns leider nicht garantieren, ob sie bei einem Ligastart noch zur Verfügung stehen werden. Das Risiko mussten wir aber eingehen, um die Fixkosten auf ein Minimum zu senken." Zudem stimmten die angestellten Trainer einer Kurzarbeiterregelung zu.
Wie alle Vereine der GFL unternehmen auch die Razorbacks alles, um in dieser schwierigen Situation nicht in eine finanzielle Schieflage zu geraten und weiterhin ihren langfristigen finanziellen Verpflichtungen, nachkommen zu können.

Als grenznaher Verein gibt es bei den Razorbacks neben den Spielern aus den USA und anderen europäischen Ländern einige Spieler, die in den direkten Nachbarländern Österreich und der Schweiz wohnen. Aktuell dürfen auch diese Spieler nicht nach Deutschland einreisen, was ein Training selbst nach der Lockerung der Kontaktbeschränkungen nahezu unmöglich macht.

Das dritte Szenario wäre eine komplette Absage der Saison 2020. Neben dem sportlichen Aspekt bedeutet dies natürlich auch für die Entwicklung von American Football in Deutschland einen herben Rückschritt. "Die Absage der Saison würde sich natürlich auf unsere Sichtbarkeit in der Region und die Sichtbarkeit von American Football im Allgemeinen negativ auswirken", ist sich Marketingleiter Ronny Rühlemann sicher. "Das würde es für uns ungleich schwerer machen, bestehende Sponsoren zu halten und auch neue Sponsoren vom 'Produkt' Ravensburg Razorbacks zu überzeugen." Natürlich bedeutet auch der Ausfall der Spieltage ein Risiko für die Razorbacks, da dadurch einige Sponsoren schon 2020 ihre Mittel kürzen könnten. "Wir hatten das Glück, dass ein paar unserer Sponsoren schon frühzeitig signalisiert haben, zu ihren Zusagen für 2020 zu stehen. Das ist in der unsicheren Lage für die Wirtschaft alles andere als selbstverständlich", kann Abteilungsleiter Frank Kienzle hier aber zunächst beruhigen. "Dennoch ist der Ausfall von einzelnen oder aller Spieltage für uns mit großen wirtschaftlichen Einbußen verbunden, welche wir ohne Unterstützung kaum stemmen könnten", ergänzt Kienzle weiter.

In der aktuellen Situation kann niemand sicher sagen, wann an einen einigermaßen normalen Alltag oder sogar einen Sportbetrieb zu denken ist. Die Ravensburg Razorbacks versuchen sich, auf alle Szenarien möglichst gut vorzubereiten und danken allen Unterstützern, die in dieser ungewissen Zeit zu ihrem Verein stehen. Bei aller Begeisterung für den Sport und die Leidenschaft, die alle Spieler, Trainer, Unterstützer und auch Fans an den Tag legen ist die oberste Prämisse die Gesundheit aller. Erst wenn wieder ein sicherer Stadionbesuch möglich ist, darf wieder an Footballspiele gedacht werden. Bis dahin gilt es vorzubereiten und gemeinsam die Krise zu überwinden. Zum Glück kann Jeder seinen Teil dazu beitragen, indem er sich an die aktuellen Vorgaben hält und so die Verbreitung des Corona Virus verlangsamt.

Gohlke - 01.04.2020

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