Erinnerung an den German Bowl XXXIX

Die Schwäbisch Hall Unicorns lösten beim German Bowl XXXIX die New Yorker Lions ab.Bereits viermal, in den Jahren 2014 bis 2017, trafen die Schwäbisch Hall Unicorns und die New Yorker Lions aus Braunschweig in einem German Bowl Endspiel aufeinander. In diesem vierten und letzten Teil der kleinen Serie erinnert football-aktuell.de an den German Bowl Xxxix:


New Yorker Lions finden ihren Meister - Schwäbisch Hall besser in Chancenverwertung

Dass die Schwäbisch Hall Unicorns zum dritten Mal Deutscher Meister im American Football im Jahr 2017 unter widrigen Umständen wurden, mag zwar keiner Sensation gleichen, doch die Begleiterscheinungen und der Weg, wie die Baden-Württemberger im 39. German Bowl gewannen, waren auf jeden Fall bemerkenswert. Bemerkenswert, weil erstens kein typisches Sportwetter am 7. Oktober über die Hauptstadt wehte und damit diese Passspiel lastigen Teams bereits vor dem ersten Kickoff merklich gehandikapt waren und ihnen im Friedlich–Ludwig Jahn–Stadion am Prenzlauer Berg quasi im 90 Grad Winkel die Gischt durch das Gitterrost wehte. Zweitens konnte sich somit nicht das absolut hochwertige Spiel entwickeln, auf dass die 13502 Zuschauer gespannt warteten und trotz aller widrigen Umstände auf ihren Sitzen vier Viertel aushaarten und damit zeigten, dass sie die in einer gewissen Art zur Elite des deutschen Footballwesens gehören. Somit war es auch fast kein Wunder, dass alleine die Unicorns fünf Turnover verkraften mussten und sie am Ende aufgrund einer überragenden Defense in einem spannenden Spiel gegen den Rekordmeister aus Braunschweig mit 14:13 gewannen. Das Endspiel entwickelte sich somit schnell zu einem Spiel der Ballverluste und vergebenen Chancen auf beiden Seiten. Trotzdem fühlten sich die Braunschweiger Footballer nicht zu Unrecht lange in Front und sollten auch aus Sicht der Statistiker Recht behalten. 24 First Downs generierten die Lions, nur neun die Haller. 369 total Offense Yards eroberten die Niedersachsen, nur 237 Yards die Unicorns. Schaut man sich allerdings die relativen Zahlen an, so wendet sich schnell diese Sichtweise ins Gegenteil. Die visuelle Übermacht der Löwen, den Ball über 33 Minuten in den eignen Angriffsreihen zu führen, verdeckte vor allem die Tatsache, dass sie sechs Mal in die Red Zone eindrangen, aus diesen Situationen aber nur zwei Touchdown erzielten. Normalerweise kann das Team von Troy Tomlin von zehn Red Zone Score Chancen über acht verwerten. Doch diesmal war ihr zuverlässigster Running Back David McCants bereits vor dem ersten Down als verletzt einzustufen und fiel damit als die überragende Angriffswaffe der Lions zwar nicht aus, aber war auf jeden Fall gehandikapt. Auch wurde QB Casey Therriault vor allem nach dem zweiten Viertel nicht mehr so viel Raum gewährt, wie er benötigte und leistete sich kurz vor der Pause noch einen Regiefehler, der möglicherweise den Braunschweigern den Titel gekostet hat. Viel stärker als dieser kleine Fauxpas fielen aber die beiden Pässe von QB Marco Ehrenfried ins Gewicht, die ausreichten, um die Passabwehr des zu Recht erfolgsverwöhnten Rekordmeisters und amtierenden Eurobowl Gewinners wie begossene Pudel aussehen zu lassen, obwohl Schwäbisch Hall auch nur 52,6 Prozent aller Versuche komplett abschloss, Braunschweig immerhin noch 58,3 Prozent. Somit sollte die 39. Ausgabe eines deutschen American Football Endspieles nicht durch seine absolute Leistungsspitze in die Annalen eingehen, sondern bestach durch seine Dramatik und Ausgeglichenheit über vier Viertel. Jordan Neuman, Head Coach der Unicorns vermutete zudem bereits vor dem Finale, dass Casey Therriault wohl nie ganz gestoppt werden könnte, seine Jungs sich jedoch anstrengen werden, ihn so gut wie möglich festzuhalten." Entsprechend betonte Braunschweigs Cheftrainer Troy Tomlin, dass er glücklich sei, dass sein Spielmacher während der gesamten Saison zur Verfügung stand, betonte aber auch, dass aufgrund des stürmischen und regnerischen Wetters, dass ganz Nord-Ostdeutschland seit Wochen im Griff hatte, einige strategische Änderungen notwendig sein würden. Diese Anpassungen an die Großwetterlage gelang aber den Unicorns im Endeffekt etwas besser, als den eigentlich sturmerprobten Niedersachsen.

Die Schwäbisch Haller versuchten zunächst ihr Glück mit Läufen durch die Mitte und Passspielen über die kurze Distanz. Ihre Bemühungen reichten allerdings nicht aus und es gelang auch nicht, ihre eigene Hälfte zu verlassen. Besser agierten zunächst die Lions, Running Back David McCants setzte ein erstes Statement und erlief auf Anhieb über neun Yards. Die Schocksekunde für die Lions folgte jedoch auf dem Fuße und zeigte, wie unberechenbar an diesem 7. Oktober der Belag im Ludwig-Friedrich-Jahn Stadion aufgrund der Wetterlage wirklich war. Mark Scherenberg fing Therriaults erste Interception ab, dessen Pass auf den zum German Bowl als Unterstützung extra angereisten Evan Landi gedacht war und brachte seine Offense erneut auf das Spielfeld, die aber ebenfalls auf ihr Passspiel setzte und ihr schwarz-rotes Wunder erlebte. Die zweite Interception des Tages fing Braunschweigs Passverteidiger Tim Unger ab. Beide Mannschaften setzten also voll auf das Risiko, gefährliche Passspiele aufzuziehen, wurden aber auch schmerzhaft vom Wetter selbst durch diese Turnover erinnert, dass der Abend etwas nasser als erhofft werden würde.

Trotz aller Widrigkeiten sollte Therriault, der erwartungsgemäß noch sehr agil auftrat und nur schwer zu stoppen war, das erste Big Play des Abends den Footballfans präsentieren. Mit Pässen auf Nathaniel Morris, Niklas Römer und Christian Bollmann, führte Casey Therriault sein Team bis an die 19 Yard Linie der Unicorns heran. Ein Lauf von Therriault selbst und zwei weitere durch David McCants, davon der Letzte über zwei Yards und der Rekordmeister ging erstmalig mit 7:0 in Führung.

Wenige Minuten später sollten die Haller zurückschlagen und bewiesen, dass sie nicht umsonst in den letzten Jahren zum besten Süd Team avancierten und die ersten Rückschläge der ersten Spielminuten verdaut hatten. Wide Receiver Nathaniel Robitaille stand goldrichtig in der Braunschweiger Endzone und fing einen der gefürchteten Pässe von QB Marco Ehrenfried in der Endzone der Braunschweiger. Die Lions befanden sich somit unter Zugzwang, erwarteten doch ihre Fans und Trainer eine standesgemäße Führung noch vor dem ersten Seitenwechsel. Mit Läufen von Therriault und McCants arbeiteten sich die Braunschweiger bis an die zwei Yard Linie der Haller voran. Mit dem ersten Spielzug des zweiten Spielviertels vollendete McCants mit seinem zweiten Touchdown des Spiels zum 13:7 und sollte damit auch schon den Pausenstand hergestellt haben, was zu diesem Zeitpunkt aber wohl nur die wenigsten Footballfans im Stadion auch tatsächlich geglaubt hatten. Denn spektakulär wurde gegen Mitte des zweiten Viertel im Stadion gespielt und um jeden Inch gekämpft. Braunschweig spielte so zum Beispiel erneut auf volles Risiko und versuchte einen vierten Versuch auszuspielen, anstatt einen Field-Goal-Versuch zu wagen. Die Annahme, dass die Löwenstädter auch im German Bowl XXXIX ihrer Saison Statistik gerecht werden, erfüllte sich zunächst nicht. 61 Prozent aller vierten Versuche konnten die Lions bisher in neue first Downs umwandeln, im Endspiel gelang dieses Vorhaben nicht. Aber auch Hall agierte nicht immer glücklich. Therriault wurde letztlich von Nick Alferi gesackt und Schwäbisch Hall leistete sich anschließend die dritte Interception ihres Quarterbacks, so dass es letztlich beim 13:7 Zwischenstand nach zwei Vierteln blieb. Dieses Ergebnis sorgte vor allem für ein griesgrämiges Gesicht beim Braunschweiger Head Coach Troy Tomlin war vor allem darüber verstimmt, dass sein Clock Management kurz vor dem Pausenpfiff nicht funktionierte. Sein Team befand sich in den letzten Augenblicken erneut in der Red Zone und versäumte zu scoren. Auch wurde kein Field Goal aus aussichtsreicher Position riskiert. Ein Timeout stand mangels Masse nicht mehr zur Verfügung. So mussten die Lions ihren vergebenen Chancen hinterhertrauern und das Gesicht von Tomlin sollte möglicherweise bereits eine Vorahnung in sich selbst tragen, die aber zu diesem Zeitpunkt von niemandem so richtig Ernst genommen wurde. Weder aus einem Fumble-Return von Robert Kitching, noch aus einer Interception von Tissi Robinson wurde Kapital geschlagen und auch zwei ausgespielte vierte Versuche, in aussichtsreicher Position, bei nur kurzer Distanz zu gehen, schlugen gegen eine starke Verteidigung der Schwäbisch Hall Unicorns fehl. Die möglichen Punkte fehlten später in der Endabrechnung. Die Herausforderer aus Schwäbisch Hall sahen die Situation naturgemäß anders. Sie befanden sich nach zwei Quartern nicht wie in den Vorjahren mit einem großen Rückstand konfrontiert, sondern wussten, dass sie mit einem Big Play an den Braunschweigern vorbeiziehen konnten. Die Einhörner besaßen also das psychologische Momentum auf ihrer Seite und wussten diese Trumpfkarte ab dem dritten Viertel gekonnt auszuspielen.

Das Pech blieb auch im dritten Viertel zunächst an den Niedersachsen haften. Der Angriff der Löwen bewegte Yard um Yard den Ball Richtung Endzone der Unicorns, schaffte es aber weiterhin nicht zu punkten. So konnte man weder ein Field Goal aus 44 Yards verwandeln, noch einen ausgespielten vierten Versuch an der Haller 19 Yard Linie und weniger als ein Yard zu gehen, in ein neues First Down umwandeln. Die Verteidigung der Braunschweiger in Person von Kerim Homri sollte schließlich einen weiteren Ballverlust der Haller Offense an deren 29 Yard Linie produzieren, aber auch daraus resultierten keine weiteren Punkte, die unter normalen Bedingungen für den Titel gereicht hätten. Die Situation änderte sich schlagartig, als Halls Quarterback Marco Ehrenfried, trotz großer Bedrängnis mit einem 71 Yard Pass Tyler Rutenbeck bediente und dieser auch die Braunschweiger Endzone erreichte. Die Lions Passverteidigung war auf dieses Big Play nicht richtig vorbereitet. Diese Unaufmerksamkeit wurde von Unicorns eiskalt verwertet und plötzlich stand es 14:13 für die Schwäbisch Haller. 36 Sekunden vor dem Ende des dritten Durchgangs hatte WR Christian Bollmann weniger Glück und sollte einen langen Pass von Therriault nicht catchen. Aus Sicht der Lions wurde zudem Theriault in den letzten Spielmomenten hart in die Mangel genommen und unsanft zu Boden gerissen, so dass dieser lädiert nicht mehr so agierte, wie in den ersten drei Vierteln.

Im vierten und letzten Durchgang setzte sich das muntere Vergeben von Chancen weiter fort. Die letzte Runde startete mit einem weiteren vergebenen Field Goal der New Yorker Lions, dieses Mal aus 40 Yards Entfernung und ließ die verdutzten Braunschweiger Fans verwundert im Regen alleine. Bei weiter schwerem Geläuf erarbeiteten sich die Lions zwar Chancen, blieben jedoch immer noch ohne Fortune. McCants verlor den Ball zudem drei Yards vor der Endzone der Haller. Diese wiederum wussten mit Robitaille einen echten Kämpfer auf ihrer Seite und eroberten sich mit einem Sprint wesentliche Yards. Weitere Raumgewinn generierte Halls Jerome Manyema, so dass Spielmacher Ehrenfried von der 35 Yards Line aus, Robitaille anvisierte, einen präzisen Pass warf, der Angespielte das Spielgerät jedoch nicht sicherte. Es blieb vorläufig beim minimalen 1-Punkte-Vorsprung und zwei Minuten vor dem Abpfiff übernahmen die Lions noch einmal den Ball. Es galt also so schnell wie möglich, die fälligen Yards zu überbrücken, um die letzte Chance der Partie zu nutzen. McCants und Theriault schafften es auch, die 50 Yard Line zu erreichen. Mit Läufen von McCants und Pässen von Therriault auf Landi, Morris, Römer und Hilgenfeldt, arbeiteten sich die Löwen bis an die 18 Yard Linie der Schwäbisch Hall Unicorns voran, so dass 27 Sekunden vor dem Ende, die Braunschweiger ihr Chance auf eine Titelverteidigung zunächst wahrten. Elf Sekunden vor dem Abpfiff delegierte Braunschweig seinen Kicker Tobias Göbel auf das Feld, doch der Kick aus 35 Yards Entfernung wurde von Halls Defensive Tackle Devin Benton mutig geblockt. Nach drei German Bowl Niederlagen in Folge, gelang Schwäbisch Hall die Revanche gegen die New Yorker Lions, die wiederum seit 2013 die erste Niederlage in einem German Bowl erlebten.

Überglücklich äußerte sich somit die Mannschaft der Unicorns über die geglückte Revanche nach mehreren Finalniederlagen in Folge. "Wir haben während der ganzen Zeit den Plan gehabt, nach der Pause zurück zu schlagen und gaben niemals auf, erklärte DT Devin Benton und auch Marco Ehrenfried genoss das Momentum, blieb aber auch selbstkritisch: "Es war für uns in der Offense sicherlich kein perfektes Spiel. Unsere Defense war überragend und hat oft Braunschweig gestoppt. Die Defense hat diesmal die Meisterschaft gewonnen." Braunschweigs Spielmacher Casey Therriault nahm andererseits Verantwortung auf sich: "Es war total mein Fehler, dass ich das Time Management am Ende des zweiten Viertels nicht im Griff hatte. Es war eindeutig meine Schuld. Es war schon ein böses Spiel für uns." Das letzte Wort hatte schließlich Head Coach Troy Tomlin von den New Yorker Lions: "Es kann schon passieren, dass Casey nicht merkte, dass wir unsere Time Outs schon verbraucht hatten. Nach unserer langen Siegesserie ist es irgendwann schon möglich, dass wir auch einmal verlieren müssen. Wir werden auf jeden Fall daraus lernen und nächstes Jahr wieder angreifen."

Schlüter - 11.10.2019

Die Schwäbisch Hall Unicorns lösten beim German Bowl XXXIX die New Yorker Lions ab.

Die Schwäbisch Hall Unicorns lösten beim German Bowl XXXIX die New Yorker Lions ab. (© Frank BAUMERT)

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