Blauäugige Planung führte zum Aus

Bill Polian und Charlie Ebersol machten schon die Fehler, die zum Aus der AAF führtenVielfältig sind die Spekulationen und Meinungen, was denn nun zum Aus der Alliance of American Football (AAF) führte. Und meist sind die Schuldigen die Gleichen: Investor Tom Dundon und die NFL PA. Doch wer genauer hinter die Fassade der AAF guckt, der wird schnell merken, dass es so einfach dann doch nicht ist.

Sehr beliebt ist die Argumentation Investor Tom Dundon den Schwarzen Peter zuzuschieben. Oberflächlich betrachtet sogar ein sehr gutes Argument, immerhin stieg der Investor ein, versprach 250 Millionen Dollar Investment und verkündete die AAF sei auf Jahre hin sicher. Kaum vorstellbar ist es, dass Dundon keine aktuellen und nachvollziehbaren Zahlen von der Ligaleitung bekommen hat vor seinem Einstieg, weshalb sein Rückzug nach acht Spieltagen (und 70 Millionen Verlust, wenn man den ausgegebenen Zahlen glaubt) einen schalen Beigeschmack hat.

Auch für die NFL Players Association lässt sich ein gutes Argument finden, weshalb diese Schuld am Aus der Liga haben soll. "Wir sind eine Entwicklungsliga für die NFL, wie sollen wir aber existieren ohne junge Spieler zum Entwickeln zu haben?", baute Investor Dundon Druck auf die Spielergewerkschaft auf für eine mögliche zweite Saison eine schnelle Übereinkunft zu schließen. Doch ist die NFL PA nicht gerade für ihre Schnellschüsse bekannt, wenn es um die Rechte ihrer Klienten geht, weshalb Dundons Forderung bereits von Beginn an zum Scheitern verurteilt war.

Während sich für beide Punkte gute Argumente finden lassen, bleibt ein gemeinsamer Nenner hier aber außen vor. Die beiden Gründer Charlie Ebersol und Bill Polian werden mit der Diskussion der beiden Schuldigen aus der Schusslinie herausgehalten, haben das Liga-Aus jedoch bei genauerer Betrachtung all dieser Argumente mindestens genauso zu verantworten.

Bestenfalls Blauäugig lässt sich die Planung der AAF bezeichnen, die Ebersol und Polian angestossen haben. Während es ein Coup war von Beginn an mit CBS einen starken Fernsehpartner an der Seite zu haben, waren Investoren und Sponsoren jedoch in der Frühphase der Liga rar gesät. Dass so ein Defizit auflaufen würde, war vorhersehbar - beide Gründer hätten allerdings als Investoren ebenso einspringen können, wenn auch sicher nicht in einem Umfang wie Dundon es später tat. Doch hätte es so vielleicht nicht den Druck eines Investments und des "Verkaufs" der AAF an Dundon gegeben, denn dies wirkte ein wenig als letzte Möglicheit der Liga wieder Leben einzuhauchen. In dieser Situation hatte Investor Dundon alle Trümpfe in der Hand und konnte die Bedingungen seines Investmenst diktieren. Und dies obwohl Ebersol und Polian von Beginn an verlautbarten, dass man den Ligabetrieb auf drei Jahre ohne Gewinne ausgelegt hätte und dies auch finanzieren könne.

Dundon ins Boot zu holen war dann Segen und Fluch zugleich. Zum einen kam die Liga so an eine Anschubfinanzierung für die laufende Saison, zum anderen diktierte mit Dundon nun ein Investor und kein "Footballer" die Geschicke der AAF. Bereits damals gab es die Kritik, dass ein Investor schneller den Stecker ziehen könne als Polian und Ebersol dies würden, die dem Football sehr verbunden sind. Eine Warnung, die sich letztlich als vollkommen Berechtigt entpuppte. Dundon sah, dass es nicht so läuft wie er es gerne hätte, schätzte sein Investment ab und stieg lieber mit 70 Millionen Verlust aus als die Saison würdig zu beenden.

Kritisch kann man aber hinterfragen, weshalb die AAF nicht besser vorbereitet ihre Saison begonnen hat. War es die Aussicht mit der XFL ab 2020 eine direkte Konkurrenz zu haben um Spieler und Coaches, weshalb die AAF hier lieber einen Schritt voraus sein wollte (und diese Spieler/Coaches dann auch mit 3-Jahres-Vertrag an sich band)? Denn von Beginn an (Idee kam Ebersol schon 2017, verkündet wurde die AAF Anfang 2018) war angedacht, dass die Liga keine Konkurrenz zur NFL sein sollte, sondern eher eine Art Entwicklungsliga. Mit Bill Polian, Hines Ward oder Troy Polamalu besetzten zahlreiche ehemalige NFL Stars die Managementposten der AAF und wussten somit genau "wie der Hase läuft". Doch gerade wenn es die Absicht war eine Entwicklungsliga partnerschaftlich mit der NFL ins Leben zu rufen, warum sicherten sich nicht die Verantwortlichen früher die Rechte an den "Futures" und "Practice Squad" Spielern der NFL durch konstruktive Gespräche mit der NFL PA? Den Ligabetrieb zu beginnen und dann zu merken, dass die beabsichtigte Kooperation aufgrund des Collective Bargaining Agreement nicht funktioniert, das zeugt entweder von einer gewissen Arroganz der AAF Ligaführung oder einer niedagewesenen Blauäugigkeit, denn gerade als ehemalige NFL Spieler (oder im Fall von Polian gar Funktionäre), sollte diese Situation von Beginn an bekannt gewesen sein. Gerade weil auch Polian eigentlich mit NFL PA Director DeMaurice Smith befreundet sein soll, ist es schwer nachvollziehbar wie auf einmal ein solcher Zeitdruck in dieser Thematik entstehen kann und warum nicht bei der Ligagründung schon diese entsprechende Planung mit der NFL PA besprochen wurde. Denn die Spielergewerkschaft war willens die AAF zu unterstützen, nur bedurfte dies auch der Berücksichtigung der Interessen ihrer Klienten, weshalb es eher ein langfristiger Entscheidungsprozess und keine Entscheidung über Nacht möglich ist.

Dass nun verletzte Spieler auch noch ihre Kosten der medizinischen Versorgung selber tragen sollen und die Teamhotels die Footballer sofort vor die Tür setzten, macht eine Rückkehr der AAF fast undenkbar. Einen guten Namen hatte sich die Liga bei den Fans und den Spielern gemacht, das schnelle vorzeitige Aus und seine Nebeneffekte haben diesen sofort ruiniert. Auch wenn das endgültige Aus noch nicht verkündet wurde: es ist schwer vorstellbar, dass sich Fans, Sponsoren und Investoren auf ein zweites "Abenteuer AAF" so einfach einlassen würden, weshalb nur zu hoffen bleibt, dass die XFL besser finanziert an den Start geht und aus den Fehlern der AAF lernt. Da diese nicht als selbsterklärte Entwicklungsliga der NFL antritt, wird zumindest das Engagement der NFL Profis in der neuen Liga kein entscheidender Faktor werden.

Schüler - 09.04.2019

Bill Polian und Charlie Ebersol machten schon die Fehler, die zum Aus der AAF führten

Bill Polian und Charlie Ebersol machten schon die Fehler, die zum Aus der AAF führten (© Getty Images)

Leser-Bewertung dieses Beitrags:

zur mobilen Ansichtmehr News AAFaaf.comSpielplan/Tabellen AAFLeague Map AAF
RegistrierenKennwort vergessen?

Login:

Kennwort:

dauerhaft: