Rot-Weiß Rotes Extrablatt 2010/XVII

Wir haben fertig - jedenfalls was die österreichische Liga angeht. Die Austrian Bowl XXVI bietet ein würdiges Ende für eine ebenso kurze wie spannende Saison. Das Motto des Jahres 2009 "Jeder kann jeder schlagen" war auch 2010 gültig und wurde - mit dem ersten Meistertitel der Dragons - konsequent bis zum Schluss durchgezogen. Es folgen meine persönlichen Highlights unter den Spielen, die ich 2010 live sehen konnte - in aufsteigender Reihenfolge und nicht notwendigerweise nach der Qualität sondern eher nach dem Unterhaltungswert gereiht:

Invaders vs. Dragons (10. April 2010; 55:63): So sieht Football aus, wenn man auf die Defense verzichtet - aus dem sprichwörtlichen Rasenschach wird bei Dragons und Invaders eine Art Räuberschach, wo ohne Rücksicht auf Verluste gepunktet werden muss. Es kommt zum Duell der Running Backs Andrej Kliman und Germaine Race - letzterer wird nicht ohne Grund zum besten Offensive Spieler der Liga gewählt. Man mag sich gar nicht ausmalen, was der Mann hinter einer wirklichen guten O-Line anrichten könnte, aber 150 Yards pro Spiel sind auch so beeindruckend. Als sich der Staub gelegt hat, gewinnen die Dragons mit acht Punkten Vorsprung und dem Basketballergebnis von 63:55.

Charity Bowl XII (30. Mai 2010; 10:3): Die Augustana Vikings und das österreichische Nationalteam liefern sich eine Regenschlacht auf der Hohen Warte in deren Verlauf die US-Boys im Schlamm stecken bleiben. Die Partie ist arm an Punkten, aber nicht arm an Spannung. Beeindrucken kann vor allem die heimische Verteidigung, die das amerikanische Laufspiel kontrolliert. QB Christoph Gross erweist sich als der bessere Passer im Regen, schickt Andreas Pröller zum einzigen Touchdown des Spiels in die Endzone und fügt den Vikings die erste Niederlage beim vierten Besuch in Europa zu.

Dragons vs. Raiders (8. Mai 2010; 33:28): Ein historischer Sieg für die Drachen, die zum ersten Mal die Tiroler schlagen können. Die Raiders kommen mit der Überzeugung im Gepäck, in Korneuburg aufräumen zu können, ihre Siegessicherheit ist fast körperlich spürbar. 48 Spielminuten später haben die Drachen fünf Punkte mehr als ihr Gegner - und dass obwohl sie sich die Sache mit vielen Strafen und einem Fumble selbst nicht leicht machen. Der Sieg der Grünen ist in mehrerlei Hinsicht eine Premiere: zum ersten Mal werden die Raiders geschlagen, zum ersten Mal zeigt die Korneuburger Defense ihre Stärke und zum ersten Mal werden die Drachen als Kanditat auf den Meistertitel ernst genommen.

Austrian Bowl XXVI (9. Juli 2010; 28:21): Die zweite Begegnung dieser Teams, der zweite Sieg der Drachen. Irgendwie scheinen die Lehren des ersten Spiels in Innsbruck nicht ganz angekommen zu sein, denn wieder setzt man auf das bewährte Laufspiel über Tory Cooper und wieder hält die Verteidigung der Grünen. Die Drachen sind in ihrem ersten Finale seit dreizehn Jahren verständlicherweise aufgeregt und hektisch, machen viele Fehler, verlieren aber in entscheidenden Momenten nie die Nerven. Die Defense, 2009 noch die Schwachstelle des Teams, ist dieses Jahr der Felsen auf den QB Eric Marty seine Erfolge bauen kann. Ein gewaltiger Sack beendet die Titelchancen der Tiroler und Football-Österreich freut sich mit dem neuen Meister.

Eurobowl XXIV (4. Juli 2010; 31:34): So, genau so, muss Football aussehen, wenn man neue Fans anlocken will. Die prächtige Kulisse einer gut gefüllten Hohen Warte, zwei Teams, die sich auf Augenhöhe gegenüber stehen und eine Partie, die in letzter Sekunde entschieden wird - und dann noch durch ein Field Goal, dass man in Europa wohl alle paar Jahre zu sehen bekommt. Lediglich der - aus patriotischer Sicht - falsche Sieger trübt die Freude über das europäische Finale. Andererseits zeigt das knappe Ergebnis, dass auch in deutschen Landen nur mit Wasser gekocht wird – wer die heißere Herdplatte hat, wird sich am 24. Juli herausstellen...


Kratky - 14.07.2010

FB Franz Kolohsar (#33, Dragons) feiert das rot-weiß-rote Saisonende. (© Kratky)