Das Wunder von Doncaster

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein Brite, rund 86 kg schwer und 1,80 groß, mit Namen Fraser Houston, lebt in den USA. Was macht er dort? Logisch, er trainiert eine Fußball-Mannschaft. Das in den USA viel Football gespielt wird interessiert den Mann nicht im geringsten. Zurückgekehrt nach Großbritannien verspürt er immer noch kein großes Bedürfnis sich mit dieser "exotischen" Sportart zu beschäftigen. Aber ein Kollege empfiehlt ihm es doch einmal zu versuchen und bringt ihn mit den Coventry Jets in Verbindung.

Gesagt - getan. Nun stehen aber gerade die Playoffs in der britischen Liga an, der Mann hat keine Erfahrung und ist gerade erst einmal zehn Tage in einer für ihn vollkommen neuen Sportart im Training. Trotzdem wird er im Halbfinale eingesetzt und erzielt ein 33-Yard-Field-Goal, genau die Punkte, die die Jets benötigen um die Bristol Aztecs mit 31:28 zu bezwingen.

Zwei Wochen weiter - letztes Wochenende: der Britbowl XXII, das Endspiel der britischen ersten Liga, BAFL, im Keepmoat Stadium zu Doncaster steht an. Das Spiel läuft für die Jets gar nicht gut. Der Gegner und Champion des letzten Jahres übt viel Druck aus und läßt das Spiel des Teams von Coventry nicht ins Rollen kommen. Schon im ersten Quarter steht es 13:0 für London Blitz. Doch da ist ja noch der neue Mann bei den Jets. 27 Yards, das sollte doch zu schaffen sein, doch der Ball segelt weit rechts an den Goal Posts vorbei - hat der neue Kicker doch Nerven? Trotzdem kommen die Jets wieder etwas in das Spiel. RB Tony Perkins returniert ein Punt 85-Yards weit, direkt in die Endzone von Blitz. Fraser Houston verwandelt den Extrapunkt sicher, Zwischenstand aber immer noch 13:7 für die Londoner. Und diese lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen, mit zwei weiteren Touchdowns bauen sie die Führung bis zur Halbzeit wieder auf 25:14 aus.

Nach der Halbzeit wogt das Spiel hin und her, die Jets können dann doch verkürzen, und Houston verwandelt auch seinen dritten Extrapunkt sicher, aber London führt immer noch mit 25:21. Bis zum Ende des dritten Viertels scoren beide Teams noch je einmal und wechseln mit einer 32:27-Führung für Blitz zum letzten Mal die Seiten.

Nun sollte endgültig die Stunde von Fraser Houston schlagen. 43-Yards hieß diesmal die Aufgabe für ihn und er verwandelte sicher. Bis auf zwei Punkte war Coventry an London herangekommen. Doch die Defense von Blitz hielt, ganz im Gegenteil, der Champion von 2007 konnte sich bis an die 6-Yard-Line von Coventry vorarbeiten. Aber der heute glücklose Kicker von Blitz, Nick Holt, verzog den Ball vollkommen und dieser flog weit links an den Goal Posts vorbei.

Aufatmen bei den Jets, aber nur noch 2:45 auf der Uhr und der anschließende Drive von Coventry kam ins Stocken - vierter Versuch und zwanzig Yards zu gehen. Hoffnungslos? Nein, mit einem Hail-Mary-Pass findet der spätere MVP des Spiels, QB Dax Michelena, seinen WR Jeremy Simms - First Down Jets. Die weiteren Angriffsbemühungen bringen nichts ein, aber Coventry hat noch eine Auszeit und Coach Gerry McManus, kann in seinem letzten Spiel für die Jets, acht Sekunden vor Schluß die Zeit anhalten lassen. Nun hängt alles an dem Rookie-Kicker. Doch London nimmt ebenfalls noch ein Timeout und hofft damit die Nerven von Houston zusätzlich belasten zu können - vier Sekunden verbleiben. Doch Fraser Houston hat Nerven aus Stahl, sein 40-Yard-Kick fliegt schnurgerade durch die Goal Posts. 33:32 für die Coventry Jets, die in ihrer erst fünften Saison damit zum ersten Mal den Titel erringen konnten.

Wittig - 23.09.2008

Coventry Jets Special Teams Coach Chris Hartley läßt K Fraser Houston hochleben (© Bridges)