Der Meister duselt sich zum Sieg

Head Coach Mack Brown (North Carolina Tar Heels)Das wäre ein Ding gewesen: Der bislang unschlagbar scheinende Titelverteidger Clemson verliert bei North Carolina, einem Team, das vor einer Woche von Appalachian State aus der Sun Belt Conference düpiert worden war. Dazu kam es letztlich doch nicht. Clemson gewann in Chapel Hill dank eines abgewehrten Two-Point-Conversion-Versuchs mit 21:20. Was bleibt, ist ein spannendes Spiel, an das sich aber Anfang Dezember, wenn sich Clemson wahrscheinlich erneut für die Playoffs qualifiziert haben wird, niemand mehr erinnern wird. Und die Frage "Was wäre gewesen, wenn"? Was wäre gewesen, wenn North Carolina nach dem Touchdown zum 20:21 eine Minute und 17 Sekundem vor Spielende versucht hätte, mit dem Zusatzpunkt den Ausgleich zu erzielen und auf die Verlängerung zu setzen anstatt mit einer Two-Point Conversion in Führung zu gehen. Der ausgewählte Spielzug wurde gestoppt, und Clemson konnte dann die letzten 77 Sekunden ablaufen lassen.

In den diversen Kommentaren im Laufe des Abends zum Ausgang dieser Partie wurde die Entscheidung von North Carolinas Head Coach Mack Brown begrüßt - Tenor: In der Konstellation klarer Favorit gegen krasser Außenseiter setzt sich in der Verlängerung meist ohnehin der Favorit durch. Brown selbst sagte es so: "Ich vertrete schon immer die These, dass sich mit zunehmender Spieldauer das bessere Team durchsetzt, und sie sind das bessere Team. Deshalb war mein Gedanke: Spiele jetzt auf Sieg. Wir waren gerade im Aufwind, sie waren etwas müde, deshalb war das unsere beste Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen". Kann man so sehen, zumal ja auch niemand sagen kann, wie das Spiel im Falle der Entscheidung für den Zusatzpunkt-Versuch weitergegangen wäre. Der Versuch hätte schiefgehen können, und vielleicht hätte Clemson im Falle des Ausgleichs im Anschluss selbst nochmal gepunktet. Schließlich waren noch 77 Sekunden zu spielen und für ein Team wie Clemson hätte das allemal reichen können, um zumindest noch in "Field Goal Range" zu kommen. Andererseit, mit dem Versuch einer Two-Point Conversion setzt man alles auf eine Aktion, noch dazu auf eine, die häufiger misslingt als gelingt. In der Verlängerung dagegen hat man zunächst mal mindestens vier Spielzüge, um Punkte zu erzielen. Brown würde sich, so sagte er kurz nach dem Spiel weiter, in der gleichen Situation aber wieder für die Two-Point Conversion entscheiden.

Browns Gegenüber Dabo Swinney sah den unerwarteten Spielverlauf vor allem als Lektion. "Zunächst einmal bin ich stolz auf unsere Jungs, dass sie einen Weg gefunden haben, sich durchzusetzen. Nur darauf kommt es an. Ganz offensichtlich haben wir genug Fehler gemacht, um das Spiel zu verlieren. Ich würde sogar sagen, dass sie (die Tar Heels) spielerisch besser waren als wir. Aber wenn wir eine starke Aktion brauchten, machten wir sie auch. So reagieren Sieger. Es war ein Spiel, von dem wir sicherlich viel lernen können. Es ist nicht leicht, zu gewinnen. Ich weiß, dass man von uns erwartet, dass wir einfach nur antreten und jeden Gegner mit zweistelligen Differenzen schlagen, aber das hier ist College Football. Wir haben eine neue Mannschaft und die lernt und wächst noch", so Swinney unter anderem. Er bemängelte vor allem die Strafen, die seine Mannschaft kassierte und sie aus dem Rhythmus brachte.

An der Spitze nichts Neues

Der ausgebliebene Sturz des Top-Favoriten ist aus Sicht der neutralen Fans ein bisschen schade, weil eine Niederlage der Tigers den Kampf um die beste Ausgangsposition bei der Vergabe der Playoff-Plätze aufgelockert hätte. So bleiben die fünf Haupt-Kandidaten für die Playoffs - Clemson, Alabama, Georgia, Ohio State und Oklahoma - erst einmal weiter auf Kurs. Und daran wird sich am kommenden Spieltag nichts ändern. Clemson und Alabama spielen erst am 12. Oktober wieder, Georgia (bei Tennessee) und Oklahoma (bei Kansas) sind in ihren Partien klar favorisiert, und auch Ohio State, am Samstag 48:7-Sieger bei Nebraska, bekommt es nur auf dem Papier mit einem etwas stärkeren Kaliber zu tun. Michigan State, vor der Saison als einer der Konkurrenten der Buckeyes um Platz eins in der East Division der Big Ten Conference gehandelt, hat bislang trotz seiner 4-1-Bilanz enttäuscht. Immerhin bekommt es der neue Super-Star der Buckeyes, QB Justin Fields, in diesem Spiel zum ersten Mal mit einer stärkeren Abwehr zu tun. Man darf gespannt darauf sein, ob er die genauso aufmischen kann wie die der bisherigen fünf Gegner.

Das Top-Spiel des kommenden Spieltages ist so das direkte Duell zweier Teams, die sich in den aktuellen Top-25-Ranglisten unmittelbar hinter dem Spitzen-Quintett einreihen: Florida und Auburn, beides Teams mit starken Defenses und der einen oder anderen "Baustelle" in der Offensive. Beide spielen später noch gegen Georgia, Auburn außerdem noch gegen LSU und Alabama. Angesichts dieses Programms wäre ein Sieg am Samstag umso wichtiger, wenn man oben dran bleiben will. Auburn wird trotz Floridas Heimvorteil leicht favorisiert in dieses Spiel gehen, nicht zuletzt wegen der 56 Punkte, die der Angriff gegen Mississippi State erzielte. Entscheidend für den Ausgang wird wohl sein, welcher der beiden unerfahrenen Quarterbacks, Bo Nix bei Auburn und Kyle Trask bei Florida, mit dem zu erwartenden Druck durch die gegerische Abwehr besser klar kommt.

In Dallas wächst was

Eine richtige Überraschungsmannschaft, die eine Rolle spielen könnte wie Central Florida in den letzten beiden Jahren, gibt es in dieser Saison bis jetzt nicht. Noch nicht, könnte man sagen, denn SMU könnte diese Rolle im weiteren Verlauf der Saison übernehmen. Die Mustangs fuhren am Samstag mit dem 48:21 bei South Florida ihren fünften Sieg im fünften Spiel ein. Das ist der beste Saisonstart des Teams seit 1983, als SMU noch zu den Top-Teams im College Football gehörte. Einen Tag später war SMU zum ersten Mal seit Ende Oktober 1986 wieder in den AP Top 25 platziert. Einer der Schlüssel zum unerwarteten aktuellen Erfolg ist QB Shane Buechele. Der ehemalige "Starter" bei Texas, der seine Position in der letzten Saison an Sam Ehlinger verloren hatte, war nach dem Abschluss seines Studiums als so genannter "Grad Transfer" von den Longhorns zu SMU gewechselt. Mit ihm spielt SMUs Angriff auf einem deutlich höheren Niveau, und das nicht nur gegen die Kontrahenten in der American Athletic Conference. Eine Woche zuvor hatte SMU auch gegen TCU aus der Big Twelve Conference gewonnen. Ein weiterer Grund für den Erfolg ist die verbesserte Abwehr, die schon jetzt fast genauso viele Quarterback Sacks verbuchte (23) wie in der gesamten letzten Saison (25).

Das Restprogramm der Mustangs ist nicht zu unterschätzen. Auswärtsspiele bei Memphis und Houston sind noch schwere Aufgaben, und auch das Spiel gegen das gut gestartete Tulane dürfte potenziell schwerer werden als vor der Saison gedacht, aber es wäre inzwischen keine Überraschung mehr, wenn sich SMU in der West Division der AAC für das Conference-Finale qualifizieren und am Ende der Regular Season das beste Team aus den Group of Five Conferences sein würde.

Hoch - 30.09.2019

Head Coach Mack Brown (North Carolina Tar Heels)

Head Coach Mack Brown (North Carolina Tar Heels) (© Getty Images)

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