Auch Zittersiege zählen

WR ArDarius Stewart eröffnete Alabamas Punkteflut beim 49:10-Sieg bei den Tennessee Volunteers.Der siebte Spieltag hätte um ein Haar ordentlich Bewegung in den Kreis der unmittelbaren Playoffanwärter gebracht. Mit Ohio State und Clemson kamen gleich zwei der ersten Drei der Top-25-Ranglisten erst in der Verlängerung zu Siegen. Ohio State setzte sich nach zwischenzeitlichem Zehn-Punkte-Rückstand bei Wisconsin mit 30:23 durch dank der individuellen Klasse von QB J.T. Barrett, den Wisconsins insgesamt starke Abwehr in der Schlussphase nicht mehr wirklich in den Griff bekam. Und Clemson behielt im Heimspiel gegen North Carolina State mit 24:17 die Oberhand, auch dank des taktisch ungeschickten Verhaltens der Gäste unmittelbar vor Ende der regulären Spielzeit. Beide Spiele werfen mit Blick auf die Playoff-Chancen aber Fragen auf. Könnte Ohio State mit einer Abwehrvorstellung wie am Samstag (236 Rushing Yards und 5,1 Yards pro gegnerischem Lauf) auch gegen ein noch laufstärkeres Team wie Alabama bestehen? Eher nicht. Und bei Clemson muss man sich vor allem Gedanken über die vielen Ballverluste machen. Die Tigers sind auf dem besten Weg, die ohnehin schlechte Turnover-Bilanz der letzten Saison noch einmal zu "toppen". Gegen Louisville hatte man mit fünf Ballverlusten gewonnen, am Samstag gegen North Carolina State mit vier. Das kann man positiv als Zeichen dafür sehen, wie gut die Mannschaft im Grunde ist. Aber wie oft geht das noch gut? Gegen die meisten der verbleibenden Gegner würde man sich wohl trotzdem durchsetzen, aber am 29. Oktober steht noch das Spiel bei Florida State an. In dem kann jeder Ballverlust den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen. Head Coach Dabo Swinney sah es eher positiv und verwies darauf, dass sein Team offensichtlich immer Wege finde, auch gegen starke Teams am Ende zu gewinnen. Der eine oder andere Spieler teilt dagegen eher die Sorgen angesichts der vielen Ballverluste. "Wenn du den Ball verlierst, ist das nie gut, deshalb müssen wir den Ball besser sichern", sagte WR Mike Williams dazu.

Natürlich, auch Zittersiege sind Siege und wenn Beide am Ende zu den vier Playoff-Teilnehmern zählen sollten, fragt niemand mehr danach, wie die Spiele am 15. Oktober verlaufen waren. Fürs erste bleibt damit an der Spitze alles beim Alten, und auch wenn die erste Rangliste des Playoff Selection Committees erst in zwei Wochen, nach den Spielen vom 29. Oktober, veröffentlicht wird, zeichnet sich ab, dass letztlich eine Gruppe von fünf Teams, zu der neben Ohio State und Clemson noch Alabama, Washington und Michigan gehören, mit den größten Chancen auf den Einzug in die Playoffs in die Schlussphase der Regular Season gehen werden. Titelverteidiger und Rekordmeister Alabama spielt zurzeit, so scheint es, in einer eigenen Liga. Die Auftritte des Teams werden seit Wochen immer souveräner und für die Konkurrenten beängstigender. Am Samstag demontierte die Saban-Truppe Tennessee auswärts mit 49:10 - zeigte dabei die beste Laufleistung seit knapp eineinhalb Jahrzehnten (438 Yards und 8,9 Yards pro Lauf) und gestattete einer der bisher besten Offensiven dieser Spielzeit gerade mal 163 Yards. Natürlich hat der amtierende Meister noch ein paar gute Gegner vor sich, Texas A & M (nächsten Samstag) und Auburn zu Hause und LSU auswärts, aber auch diese drei Teams haben bislang nichts gezeigt, was einen glauben lassen könnte, dass es zu einem Sieg gegen Alabama reichen könnte.

Washington und Michigan waren an diesem Spieltag spielfrei. In den kommenden fünf Wochen ist die Situation für Beide gleich: Einmal abgesehen davon, dass man in den Power Five Conferences immer auf der Hut sein muss, treten beide Mannschaften nur gegen Teams an, gegen die sie nach den bisher gezeigten Leistungen favorisiert sind. Das gilt für Michigan auch für das Lokalderby bei Michigan State am 29. Oktober, weil die Spartans inzwischen immer weiter "abschmieren" und am Samstag gegen Northwestern die vierte Niederlage kassierten. Michigan spielt am letzten Samstag im November dann noch den Midwest-Klassiker bei Ohio State. Vorausgesetzt, Beide verlieren bis dahin nicht, wird der Sieger dieses Spiels in das Big Ten Championship Game einziehen, für den Verlierer wäre die Niederlage gleichbedeutend auch mit dem Aus in Sachen nationale Playoffs. Washington bestreitet am selben Wochenende das Lokalderby bei Washington State und angesichts Aufschwungs bei den Cougars, die nach verpatztem Saisonstart (0-2) viermal in Folge gewonnen haben, könnte das Spiel ähnliche Brisanz haben. Allerdings ist die Aufgabe für die Huskies leichter als die für Michigan bei den Buckeyes.

So weit die derzeitigen Top Five. Was aber passiert dahinter? Wer kann sich in Position bringen für den Sprung unter die besten Vier, wenn mehrere aus diesem Quintet verlieren sollten? So viel scheit klar: Einen Playoff-Teilnehmer aus den so genannten Group of Five Conferences wird es wohl nicht geben. Der aussichtsreichste Kandidat, Houston aus der American Athletic Conference, hatte seine Chancen mit der Niederlage bei Navy eine Woche zuvor, der jetzt ein knapper Sieg gegen Tulsa folgte, verspielt. Danach bleiben theoretisch noch zwei Kandidaten übrig: Boise State aus der Mountain West Conference ist ungeschlagen und hat unter anderem einen Sieg gegen Washington State auf dem Konto. Das Team spielte gegen mittelmäßige Konkurrenz bislang aber nicht spektakulär genug, um Ansprüche auf eine Platzierung ganz weit vorn anmelden zu können. Das Gleiche gilt für Western Michigan aus der Mid-American Conference. Das Programm in der MAC ist einfach zu schwach, um am Ende selbst bei einer 13-0-Bilanz für die Playoffs in Frage zu kommen.

Spannend wird dagegen die Situation in der und um die Big Twelve Conference. Deren Favorit Oklahoma hatten zu Saisonbeginn gepatzt (1-2 nach den ersten drei Spielen). Die Conference hat zwar sogar noch zwei ungeschlagene Teams, Baylor (6-0) und West Virginia (5-0), und für die Conference, die bis jetzt bekanntlich kein Championship Game spielt, wäre es natürlich das Beste, wenn die Beiden bis zu ihrem direkten Duell am 3. Dezember in Morgantown (West Virginia) ungeschlagen bleiben würden und es so zu einem De-Facto-Championship-Game käme. Nur hat sich Oklahoma inzwischen gefangen und scheint nun doch das stärkste Team der Big Twelve zu sein, und sowohl Baylor als auch West Virginia müssen noch gegen die Sooners spielen. Das wahrscheinlichere Szenario ist also, dass sich Oklahoma am Ende doch als Conference Champion durchsetzt, aber es mit zwei Niederlagen auf dem Konto nicht unter die ersten Vier der Playoff-Rangliste schafft.

Weitere Zahlen, Fakten und Geschichten des 7. Spieltages:

1) Zwei der drei Top-Spiele dieses Spieltages könnten sich in den Conference-Endspielen Anfang Dezember wiederholen. In der SEC ist Tennessee trotz des Debakels gegen Alabama der Favorit auf Platz eins in der East Division, weil Hauptkonkurrent Florida das schwerere Restprogramm und gegen die Volunteers das direkte Duell verloren hat. Und wenn in der West Division Alabama nicht noch überraschend von Texas A & M, LSU oder Auburn abgefangen wird, sehen sich Tennessee und Alabama am 4. Dezember im SEC-Finale wieder. Das Gleiche könnte in der Big Ten Conference passieren, wenn sich Ohio State in der East Division gegen Michigan durchsetzt und Wisconsin das Niveau der Partie vom Samstag halten kann und in der West Division Erster wird.

2) Michigan State, in der letzten Saison Big Ten Champion und Playoff-Teilnehmer stürzt immer weiter ab. Die 40:54-Heimniederlage gegen Northwestern war die vierte Niederlage in Folge. Es ist das erste Mal seit der Saison 2006, der ersten unter Head Coach Mark Dantonio, dass die Spartans vier Spiele in Folge verloren haben. Damals war ihnen das gleich zweimal passiert, als sie acht der letzten neun Spiele verloren und die Saison mit einer 4-8-Bilanz beendeten. Es war zugleich das letzte Mal, dass sie ohne Bowl-Teilnahme blieben.

3) Für Western Michigan, nach dem letzten Spieltag zum ersten Mal in seiner Geschichte in die AP und Coaches Top 25 vorgestoßen, ging am Samstag eine schöne aber auch ungewöhnliche Serie zu Ende. Die Broncos waren das letzte Team, dass sich bis dahin noch keinen Ballverlust geleistet hatte. Beim 41:0 bei Akron, dem siebten Sieg im siebten Spiel, erwischte es sie dann auch. In der fünften Minute des zweiten Viertels verlor RB Davon Tucker bei einem Tackle den Ball an Akrons 14-Yard-Linie. So ärgerlich das war, zu verschmerzen war es. Zu diesem Zeitpunkt führten die Broncos bereits mit 27:0.

4) Washington State wiederum war über das Ende einer anderen auch nicht alltäglichen Serie erleichtert. Die Cougars waren das letzte Team, dem in dieser Saison noch kein Field-Goal-Versuch gelungen war (fünf Fehlschüsse in den ersten fünf Spielen). Beim 27:21-Erfolg gegen UCLA endete die Flaute knapp sieben Minuten vor Ende des ersten Viertels mit Erik Powells 36-Yard-Field-Goal zum 3:0. Etwas mehr als fünf Minuten vor Spielende traf Powell dann ein zweites Mal, aus der gleichen Distanz, zum 27:14.

5) Florida States Travis Rudolph, einer der potenziell besten Wide Receiver in der ACC, machte in seiner dritten College-Saison sein bislang bestes Spiel. Beim 17:6 der Seminoles gegen Wake Forest fing er 13 Pässe für 238 Yards (18,3 Yards pro Fang).

6) Statistiken spielen im Football eine große Rolle, können aber auch in die Irre führen. Zwei Beispiele dieses Spieltages: Southern Mississippi war bei LSU zwei Drittel der Spielzeit in Ballbesitz und bestritt in der Offensive deutlich mehr Spielzüge als der Gegner (73 gegenüber 42), das Spiel gewann aber LSU, deutlich mit 45:10. Und Georgia verlor gegen Vanderbilt mit 16:17, obwohl es zehn Minuten mehr in Ballbesitz war und mehr als doppelt so viele Yards holte (421 gegenüber 171). LSU profitierte von seinem Big-Play-Potenzial mit drei Touchdown-Spielzügen von 61, 63 und 80 Yards Länge, Vanderbilt erzielte zehn seiner Punkte nach guter Vorarbeit der Special Teams.

7) Die Differenzen um das am 8. Oktober wegen des die US-Ostküste entlangziehenden Hurrikans "Matthew" ausgefallene Spiel Florida gegen LSU sind beigelegt. Die Partie wird am 19. November nachgeholt, allerdings wird das Heimrecht geändert. Das Spiel findet in Baton Rouge bei LSU statt, nicht in Gainesville. Dafür tauschen die Teams das Heimrecht für ihre Begegnung in der kommenden Saison. Die eigentlich für diesen Spieltag angesetzten Partien LSU gegen South Alabama und Florida gegen Presbyterian fallen aus, die beiden Gegner werden finanziell entschädigt. LSU hatte in den Tagen vor dem 8. Oktober vorgeschlagen, das Spiel nur zu verlegen (auf Sonntag oder Montag), so wie es auch im Fall des Spiels South Carolina gegen Georgia gemacht worden war. Das wollte Florida nicht. LSU wollte aber bei einer Verlegung auf den 19. November auf keinen Fall in Gainesville spielen, weil man dann innerhalb von 13 Tagen drei schwere Auswärtsspiele zu bestreiten gehabt hätte.

Hoch - 17.10.2016

WR ArDarius Stewart eröffnete Alabamas Punkteflut beim 49:10-Sieg bei den Tennessee Volunteers.

WR ArDarius Stewart eröffnete Alabamas Punkteflut beim 49:10-Sieg bei den Tennessee Volunteers. (© Getty Images)

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