Als Außenseiter lebt sich’s gut

RB Corey Clement erzielte bei Wisconsin Sieg bei Michigan State zwei Touchdowns.Mit Louisville und Houston findet man in der Spitzengruppe der beiden wichtigsten Top-25-Ranglisen bereits zwei Teams, die man vor der Saison nicht zu den Playoff-Anwärtern gezählt hätte, in den nächsten Wochen könnten sich weitere Teams ganz nach vorn spielen, denen man das nicht zugetraut hätte. Wisconsin holte am Samstag mit dem 30:6 bei Michigan State, das gerade erst unter die ersten Zehn der Top 25 vorgestoßen war, bereits den zweiten Erfolg gegen ein Team, das zum Zeitpunkt des Spiels in den Top Ten platziert war, und in der SEC entwickelt sich Texas A & M nach dem 45:24-Sieg gegen Arkansas immer mehr zum aussichtsreichsten Herausforderer von National Champion und Top-25-Spitzenreiter Alabama in der SEC. Nachfolgend ein Blick auf die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen des vierten Spieltages.

1) Spektakuläre Aufholjagden, oder, vom anderen Ende her betrachtet, unglaubliche Einbrüche, sind eines der Markenzeichen im bisherigen Saisonverlauf. Den verspielten klaren Führungen von Mississippi gegen Alabama und Florida State in den ersten Wochen folgten am vierten Spieltag zwei weitere Spiele, die nach dem gleichen Muster verliefen. Tennessee lag gegen Florida im zweiten Viertel mit 0:21 und bei Halbzeit mit 3:21 zurück und gewann am Ende mit 38:28 und Arizona State erzielte gegen California 31 Punkte im letzten Viertel und kam nach 10:24-Halbzeit-Rückstand zu einem 51:41-Erfolg. Da war man nicht nur als Zuschauer sprachlos. "Ich kann Ihnen nicht sagen, was da in der zweiten Halbzeit passiert ist. Ich vermute, wir waren einfach nicht mehr richtig bei der Sache", sagte Californias DB Luke Rubenzer zum Einbruch seines Teams in Tempe.

2) Wisconsin absolviert mit Spielen bei Michigan, Michigan State und Iowa sowie Heimspielen gegen Ohio State und Nebraskadas innerhalb der eigenen Conference (Big Ten) plus der Partie gegen LSU aus der SEC das härteste Programm aller Teams. Deshalb traute man der nach der letzten Saison personell stark umgekrempelten Mannschaft für diese Saison bestenfalls sieben Siege zu. Zwei dieser sechs Hürden (LSU und Michigan State) hat man inzwischen genommen, das eröffnet Perspektiven. Aber ist die Mannschaft wirklich schon so gut, um bis zum Saisonende um den Conference-Titel und einen Platz in den Playoffs mitspielen zu können? Die nächsten vier - knüppelharten - Wochen werden das zeigen. Am Samstag spielt man bei Michigan, eine Woche später gegen Ohio State, dann bei Iowa und am 29. Oktober gegen Nebraska. Sollten die Badgers maximal eines dieser Spiele verlieren, haben sie ein realistische Chance.

3) Notre Dame entwickelt sich immer mehr zum Bermuda-Dreieck für namhafte Head Coaches. Seit dem Abschied von Lou Holtz (1986 bis 1996), der die Fighting Irish 1988 zu ihrem vorerst letzten Titelgewinn geführt hatte, haben sich vier Head Coaches an dem Versuch abgenutzt, den einstigen Rekordmeister in die Spitze zurückzuführen. Die letzten drei - Tyrone Willingham (2002 bis 2004), Charlie Weis (2005 bis 2009) und Brian Kelly (seit 2010) - hatten sich zuvor bei anderen Teams einen Namen gemacht und waren mit hohen Fan-Erwartungen und großem Medien-Getöse in South Bend eingeritten. Die Karrieren von Willingham und Weis waren nach ihrer Zeit bei Notre Dame ruiniert, und die des aktuellen Head Coaches Brian Kelly droht einen ähnlichen Verlauf zu nehmen, trotz des Erreichens des National Championship Games in der Saison 2012. Die 35:38-Heimniederlage gegen Duke und der damit verbundene Abschied von allen Playoff-Träumen für eine weitere Saison ist der vorläufige Tiefpunkt in Kellys Zeit in South Bend (siebte Saison, Bilanz aktuell 56 Siege und 26 Niederlagen). Der Lack des gefeierten Heilsbringers ist auch bei ihm längst ab.

4) USC hat offenbar ein Substanz-Problem. Wie schon gegen Stanford, konnten die Trojans auch bei der 27:31-Niederlage gegen Utah mit zunehmender Spieldauer immer seltener wirklich dagegenhalten. Im letzten Viertel war Utah fast elf Minuten in Ballbesitz, bestritt 26 Spielzüge, mit denen es 168 Yards holte, und erzielte zwei Touchdowns. Das Field Goal im ersten Spielzug des Viertels und den letzten Spielzug nach Utahs Führung acht Sekunden vor Spielende abgezogen, bestritt USC nur sechs Spielzüge, die 30 Yards brachten. Am Samstag kommt mit Arizona State ein besonders angriffsstarker Gegner nach Los Angeles - keine guten Aussichten, aber mit drei Niederlagen in den ersten vier Spielen ist die Saison für die Trojans ohnehin schon ruiniert.

5) LSU zog nach der 13:18-Pleite bei Auburn, der zweiten Niederlage im vierten Spiel, die zur Folge hat, dass man sich in Baton Rouge auf eine weitere Saison ohne Conference-Titel und Playoff-Teilnahme einstellen muss, die Reißleine und feuerte Head Coach Les Miles. Der galt schon im November letzten Jahres als Entlassungskandidat, durfte nach zwei Siegen zum Saisonabschluss aber doch bleiben. Zusammen mit Miles wurde auch Offensive Coordinator Cam Cameron entlassen. Theoretisch ist für die vor der Saison hoch gehandelten Tigers noch nicht alles verloren. Da sie gegen die drei stärksten Konkurrenten in der West Division der SEC - Alabama, Texas A & M und Mississippi - noch spielen, gegen Alabama und Mississippi sogar zu Hause, können sie, wenn sie alle verbleibenden Spiele gewinnen, aus eigener Kraft SEC Champion werden und dann wären sogar die national Playoffs noch erreichbar. Nur, angesichts des harmlosen und von Außen oft völlig konfus wirkenden Angriffsspiels ist das reines Wunschdenken. Wahrscheinlicher erschien am Samstagabend, dass das Team, das auch noch bei Florida spielen muss, zwei bis drei weitere Spiele verliert, und angesichts dieser Perspektiven war der murrenden Fan Base in Baton Rouge eine Weiterbeschäftigung von Miles kaum noch zu vermitteln. Man darf gespannt sein, was der Wechsel des Head Coaches kurzfristig bewirkt.

6) Mississippi ist das zweitbeste Team der SEC. Die Einbrüche gegen Florida State und Alabama hatten Zweifel an der Qualität des Teams geweckt. Beim 45:14 gegen Georgia, gegen das man die letzten zehn Duelle in Folge verloren hatte, zeigte die Mannschaft dann, was möglich ist, wenn sie bis zum Ende konzentriert spielt. Zwar leisteten sich die Rebels in der zweiten Halbzeit den einen oder anderen Fehler, einen vergebenen Field-Goal-Versuch und eine Interception, zuvor hatte man im dritten Viertel die 31-Punkte-Führung bei Halbzeit aber auf 45:0 ausgebaut. "Wenn du Spiele auf diese Weise verlierst (gemeint die Partien gegen Florida State und Alabama) und du weißt, dass du hättest gewinnen können und du dir das in den Zeiten von Social Media ständig anhören musst, dann tut das weh. Es ärgert dich. Deshalb ist dieser Sieg heute ein besonderer", sagte Head Coach Hugh Freeze nach der Frustbewältigung gegen Georgia. Geht jetzt doch noch was in Sachen Playoffs? "Die SEC ist verrückt, da kann viel passieren. Wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren, von Spiel zu Spiel denken und dann sehen, wo wir letztlich landen", sagte TE Evan Engram dazu.

7) Vor zwei Jahren war Oregon noch der coole Trendsetter des College Footballs und spielte im National Championship Game, jetzt, nach der 38:41-Heimniederlage gegen Colorado, droht der freie Fall ins Mittelmaß. Das Hauptproblem: Dem neuen Defensive Coordinator Brady Hoke gelingt es bis jetzt nicht, die anfällige Defensive zu stabilisieren, und angesichts dessen, was da in den kommenden Wochen in Sachen gegnerischer Offensivkraft auf die Ducks zukommt, wird den Fans in Eugene gewiss Angst und Bange. In der letzten Saison holte Oregon trotz der Schwächen in der Defensive noch neun Siege. Wenn das erneut gelänge, wäre das schon ein Erfolg.

8) Erweist sich Tennessee nun doch als das Top-Team in der East Division der SEC? Nach drei mäßigen Auftritten gegen schwächere Gegner und einer katastrophalen ersten Halbzeit gegen Florida, schafften die Volunteers gegen die Gators, gegen die sie zuvor elfmal in Folge verloren hatten, ein schier unglaubliches Comeack (38:28-Sieg nach 0:21-Rückstand), das gezeigt hat, welches Potenzial in der Mannschaft steckt. Die nächsten drei Wochen werden zeigen müssen, ob das wirklich die Wende war. Am Samstag spielt man bei Georgia, eine Woche später bei Texas A & M, und am 15. Oktober ist dann Alabama zu Gast in Knoxville.

9) Die Siege von Stanford gegen USC und UCLA innerhalb von einer Woche unterstrichen einmal mehr die längst veränderten Kräfteverhältnisse in der Pac-12 Conference. Stanford gewann mit diesen Siegen zwölf der letzten 14 Duelle gegen diese Beiden. In früheren Jahrzehnten machten USC und UCLA, beheimatet im Großraum Los Angeles, den Conference-Titel regelmäßig unter sich aus, heute laufen sie der Konkurrenz aus den anderen Regionen der Conference meist hinterher. Die letzten sieben Titel gingen an Oregon (4) und Stanford (3). USC wurde 2008 zum letzten Mal Conference Champion, UCLAs letzter Titel liegt noch zehn Jahre länger zurück (1998).

10) Florida State bleibt ein Team der zwei Gesichter. Der Angriff produzierte beim letztlich nie gefähredeten 55:35-Sieg bei South Florida 647 Yards. 329 Yards gingen dabei auf das Konto von RB Dalvin Cook (267 mit Läufen, 62 aus vier Fängen). Die Abwehr wirkte in der Anfangsphase aber erneut ungeordnet, ließ letztlich mehr als acht Yards pro Spielzug zu und und kassierte früh zwei Touchdowns. Gegen die physisch unterlegenen Bulls konnte man den defensive Fehlstart kompensieren, gegen physisch gleichwertige Gegner mit starken Offensiven wie Clemson und North Carolina könnte das aber so ausgehen wie bei der Niederlage gegen Louisville.

Hoch - 26.09.2016

RB Corey Clement erzielte bei Wisconsin Sieg bei Michigan State zwei Touchdowns.

RB Corey Clement erzielte bei Wisconsin Sieg bei Michigan State zwei Touchdowns. (© Getty Images)

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