Wer kennt alle Meisterschaften?

Das Football Team von Yale beim Training im Jahr 1899.Manchmal sind einfache Fragen schwer zu beantworten. Fragt man einen eingefleischten Bayern München, FC Barcelona oder Real Madrid Fußball Fan, wie viele Landesmeisterschaften sein Lieblingsclub gewonnen hat, so wird man eindeutige Antworten erhalten. Im College Football ist das nicht ganz so einfach. Das Beispiel Alabama Crimson Tide zeigt, dass diese Frage überhaupt nicht 100 prozentig beantwortet werden kann, was auf dem ersten Blick paradox klingt.

In den NCAA-Statistiken ist die Welt noch in Ordnung. Bis zum 11. Januar 2016 erkannte der größte US-Hochschulsportverband zwölf Alabama Meisterschaften und zwölf Notre Dame Meisterschaft an. Es folgte USC mit zehn Titeln, Ohio State mit acht, Oklahoma mit sieben, Minnesota, Michigan, Yale und Harvard mit jeweils sechs und Miami, beziehungsweise Princeton mit jeweils fünf allgemein anerkannten National Championships. Nun verhält es sich aber so, dass Alabama bis zum 11. Januar 2016 insgesamt 15 Landesmeisterschaften für sich reklamiert und mit dieser Zahl auch kräftig Werbung betreibt. Die NCAA hat aber aus verschiedenen Gründen nur zwölf Stück anerkannt.

Ein Blick zurück in die Geschichte dieser Universität erklärt, wieso es zu dieser ersten Verwerfung kommen konnte. Der ehemalige „Information Director“ von Alabama, Wayne Atcheson, nutzte das Jahr 1983, um für ein kräftiges Facelifting zu sorgen. Bis 1982 wurden in den Media Guide Büchern immer nur die Meisterschaft 1934 und die sechs legendären Meisterschaften von Head Coach Bear Bryant aufgeführt. Atcheson fügte nun ab 1983 die nicht offiziell anerkannten Jahre 1925, 1926, 1930 und 1941 mit hinzu und plötzlich hatte Alabama insgesamt elf Championships gewonnen. In diesen besagten Jahren kam es zu unterschiedlichen Ansichten der wichtigsten Ranking Systeme, so dass es mehrere Teams gab, die erklären konnten, sie wären Meister gewesen. 1930 zum Beispiel, beendeten Alabama und Notre Dame die reguläre Saison mit jeweils zehn Siegen ungeschlagen. Die Fighting Irish wurden vom Dickinson, Dunkel und Houlgate System als die Nummer Eins bezeichnet, während vier andere Systeme Alabama vorne sahen. Die NCAA teilte die Meisterschaft zwischen den beiden Teams auf. 1934 wurden Alabama und Minnesota von jeweils drei Systemen als Meister proklamiert und die NCAA sprach schließlich Minnesota den Titel zu. Das Jahr 1941 wurde schließlich noch ein wenig komplizierter und kurioser. Alabama schloss die reguläre Saison mit einer Bilanz von neun gewonnenen und zwei verlorenen Matches ab, wurde dritter in der SEC und von AP nur auf den 20. Platz gerankt. 12 Polls sahen Minnesota als die klare Nummer Eins. Nur das Houlgate System bewertete die Saisonleistung von Alabama meisterschaftswürdig, obwohl sie 0:14 zu Hause gegen Mississippi State und 0:7 gegen Vanderbilt. verloren. Für Atcheson war dieses Grund genug, seine Crimson Tide nachträglich auf den ersten Platz zu setzen und begründete auch seine Entscheidung schlüssig. Während des Spieles gegen Mississippi State hatte es geregnet, die Niederlage gegen Vanderbilt war nur sehr knapp und am Ende der Saison gewann Alabama gegen Georgia und Tennessee und Texas A&M.

In der historischen Rückbetrachtung existieren ferner zwei weitere Fälle, die Alabamas Denkweise zumindest mit Fragezeichen versehen. 1964 erklärte die NCAA, dass sowohl Alabama (weil von AP und UPI favorisiert), Arkansas (weil von der Football Writers Association of America favorisiert) und Notre Dame (weil von der National Football Foundation favorisiert) als Champion in Fragekommen würden und die Meisterschaft daher gedrittelt wurde. Notre Dame hat übrigens bis heute dieses Jahr 1964 für sich nicht als Meisterschaft registriert und erkennt für sich nur eindeutige alleinige Meisterschaften an. Während die NCAA den Irish zwölf Meisterschaften zubilligt, sprechen die Statistiker in South Bend stets immer nur von elf Championships. Im Jahr 1973 wurde übrigens Alabama von UPI vor der Bowl Saison zum Meister ausgerufen, verlor dann aber den Sugar Bowl gegen Notre Dame. Die damals gängige Praxis, den Meister nach der regular season, aber vor der Bowl Season zu proklamieren, wurde daraufhin ab 1974 verändert.

Zur Ehrenrettung von Alabama muss abschließend noch erwähnt werden, dass auch andere Universitäten fragewürdige Praktiken anwenden, um ihre Anzahl der errungenen Meisterschaften zu erhöhen. Auburn, der geographische Nachbar von den Crimson Tide, gründete eine Arbeitsgruppe, die begründen sollte, warum die Tigers sechs zusätzliche Titel in der Vergangenheit errungen haben sollten. Diese Gruppe gab das Zählen nach einem Jahr auf, erhielt aber vom US-Senator des Bundesstaates Alabama, Trip Pittman, im August 2015 unerwartete Hilfe. Pittman forderte in einer Resolution, dass Auburn anstatt zwei offizieller Meisterschaften insgesamt neun Titel zugesprochen bekommen sollte.

Wer sich übrigens ernsthaft mit College Football beschäftigt, wird die Frage, ob nun Alabama der einzig echte und wahre Rekordmeister ist, ganz klar verneinen. Weder Alabama, noch Notre Dame oder ein anderes aktuelles FBS-Team steht dieser Titel zu. Bis zum heutigen Tage haben nach eigener Meinung Yale 27 Titel und Princeton sogar 28 Meisterschaften eingeheimst. Die Erklärung ist ganz einfach. Die Auflistung der NCAA beginnt erst im Jahr 1900 und American Football wird bekanntlich seit 1869 gespielt. Dieser dezente Hinweis zeigt, dass vor der Gründung der regelwütigen NCAA (1910) das Footballchaos noch viel größer gewesen sein muss, als es sich heute manchmal darstellt.

Schlüter - 07.01.2016

Das Football Team von Yale beim Training im Jahr 1899.

Das Football Team von Yale beim Training im Jahr 1899. (© Library of Congress)

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