Sorge um Zukunft des Weltverbandes

Wenige Tage nach dem IFAF Congress des Weltverbandes International Federation of American Football ist weiter unklar, welche Auswirkungen die Vorgänge bei dieser turnusgemäßen Versammlung auf die Zukunft haben werden. Dem Präsidenten des Verbandes Tommy Wiking, der ursprünglich für eine Amtszeit bis 2016 gewählt ist, war beim Congress in Canton am Rande der fünften WM verwehrt worden, einen Platz auf dem Podium einzunehmen, um die Versammlung zu leiten beziehungsweise zumindest zu eröffnen. Einige der übrigen Mitglieder des Executive Boards, also des Vorstands der IFAF, hielten Wiking davon ab, für ihn war durch das Executive Board auch gar kein Platz vorgesehen worden.

Daraufhin hatte eine Gruppe von Delegierten aus mehr als 20 Nationen gemeinsam mit Wiking einen anderen Tagungsraum aufgesucht, um dort den IFAF Congress durchzuführen. Eine der strittigen Fragen, über die nun irgendwann wohl Juristen nachdenken müssen, ist also, ob es maßgeblicher ist, dass die Versammlung am ursprünglich geplanten Ort (die übrigen Delegierten blieben schließlich dort, um ihre Version des „Congress“ durchzuführen) stattfindet oder dass der gewählte Präsident die Veranstaltung eröffnet.

Für die im ursprünglichen Tagungsraum verbliebenen Delegierten war dies zu diesem Zeitpunkt nicht der Rede wert, denn nach wie vor behaupteten einige Mitglieder des Boards steif und fest, Wiking wäre zurückgetreten. Diese Meldung hatte Anfang Mai bereits einmal die Runde gemacht, laut IFAF-Website wäre der da bereits seit einiger Zeit krank geschriebene Wiking zurückgetreten. Nur wenige Stunden später kam durch ihn ein vehementes Dementi, in dem er ausdrücklich ankündigte, sich seiner Verantwortung beim Congress in Canton stellen zu wollen und in jedem Fall im Amt zu bleiben. Eine Minderheit im IFAF-Präsidium hätte den Zugriff auf die Website missbräuchlich ausgenutzt, um gezielt die Falschmeldung zu verbreiten. In der Tat wurde die Meldung damals sofort wieder von der Website entfernt. Dies hinderte die Board-Vertreter in Canton aber nicht, erneut die Legende vom bereits zurückgetretenen Präsidenten hervorzuholen, um zu begründen, warum sie ihn nicht reden lassen wollten. Eine schriftliche Erklärung von Wiking zu einem Rücktritt konnten sie aber nicht präsentieren.

Der Congress um Wiking enthob anschließend Scott Hallenbeck (USA) und Roope Noronen (Finnland) ihrer Posten als Vizepräsidenten, Noronen wiederum schlug sich auf der anderen Versammlung als neuer IFAF-Präsident vor und wurde gewählt. Beide Seiten verkündeten ihre Ergebnisse aus ihrer Sicht über verschiedene Kanäle: Die Gruppe um Wiking bediente sich unter anderem des ursprünglichen Website-Systems der IFAF aus ihrer Gründungszeit, das im Zuge der stärkeren Einflussnahme durch USA Football vor einigen Jahren durch ein neues aus den USA verwaltetes System ersetzt worden war. Die alte IFAF-Website war 2001 in Deutschland und durch den AFVD registriert worden, weil die Gründung des Weltverbandes erstens ja unter anderem maßgeblich von Deutschland vorangetrieben worden war und zweitens weil in jener Anfangszeit des Internets vor allem der AFVD unter den Gründungsmitgliedern das entsprechende Know-How einbrachte. Ein banaler Fakt, aus dem dennoch Verschwörungstheorien gebastelt werden können, indem man unterstellt, Robert Huber, damals wie heute AFVD-Präsident, hätte einst vorausgesehen, was 2015 geschehen würde, um nun daraus Kapital zu schlagen...

Die Gruppe um Noronen ließ ihrerseits übrigens mal eben schnell den Ex-IFAF-Pressesprecher von 2011 eine Nachricht mit IFAF-Logo über seinen Verteiler schicken. Der war - etwa seit der Zeit als wegen der auslaufenden NFL-Förderung der IFAF seine Tätigkeit wohl nicht mehr durch das Budget gedeckt war - seither nicht mehr für die IFAF, sondern sporadisch eher im Zusammenhang mit USA Football in Erscheinung getreten.

Vielleicht liegt es daran, dass das Geld für die PR-Arbeit nicht vorhanden ist, vielleicht aber auch an einem generellen Mangel an Verständnis für Transparenz, wenn einige der Vorgänge der letzten Monate bei der IFAF nun in einem neuen Licht gesehen werden müssen. Die Noronen-Gruppe lehnte den Vorschlag ab, eine „Good-Governance“-Richtlinie für die IFAF festzuschreiben. Eigentlich braucht die IFAF eine solche, will sie weiter mit dem IOC reden - das Thema ist derzeit (nicht nur dank der FIFA) eine sensible Angelegenheit. Aber ein eigener Vorschlag war nicht ausgearbeitet und den des AFV Deutschland konnte man schlecht annehmen, denn darin wäre - wie vom IOC gefordert - geregelt gewesen, dass Amtsenthebungen ohne Anhörung nicht möglich sind. Und damit hätte man den eigenen Beschluss, den Präsidenten vom Hof zu jagen, ja gleich konterkariert.

Dass die IFAF-Exekutive sich gegen einen solchen Ethik-Kodex sperrt, soll schon Thema beim Rücktritt der Frauen-Football-Expertin Dr. Elesa Zehndorfer aus Großbritannien aus dem IFAF-Board im Februar gewesen sein. Auch sie hatte eine solche Richtlinie vorgeschlagen und wollte diese von einem unabhängigem Gremium ausarbeiten lassen. Nicht nur, dass dies rundheraus abgelehnt wurde, war dann einer der Gründe für ihren Rücktritt. Sondern auch, dass ihr der rüde Tonfall, in dem übrige Board-Mitglieder abfällig über den nicht anwesenden Wiking gesprochen haben sollen, soviel Unbehagen bereitet haben soll, dass sie nicht weiter mit jenen Kollegen zusammenarbeiten wollte.

Es ging damals wohl darum, ob Wiking an einer Krisentagung in Dallas wegen der WM-Planungen teilnehmen sollte oder nicht. Während im Board die Präferenz deutlich war, die Ersatz-WM in Canton auszutragen, hatte Wiking seinerseits an einem Alternativvorschlag der Austragung in China (im Großraum von Shanghai mit zugesagter Unterstützung der Stadt) gearbeitet. Es gab ein Angebot eines Sponsors vor Ort an die IFAF, die WM nach den ursprünglichen Planungen wie in Schweden durchzuführen. Wiking hatte aber vorgeschlagen, den drei europäischen Teilnehmern Deutschland, Österreich und Frankreich und dazu Marokko einen Reisekostenzuschuss als Ausgleich für die weitere Anreise (statt nach Stockholm) zu zahlen und dafür einen Teil der durch den Sponsor für die IFAF fest zugesagten Summe zu nutzen. Die Reaktion seiner Board-Kollegen war wie auch beim Ethik-Thema: ignorierendes Desinteresse.

Die WM wurde also in Canton gespielt - mit nur sieben statt zwölf Teams, praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber mit einer zusätzlich erhobenen Startgebühr von 38.000 Dollar pro Team. Aus Europa nahm da nur Frankreich teil - wegen der Bestimmungen der französischen Sportförderung, die eine WM-Teilnahme besonders honorieren. Letztlich hat so jetzt der französische Steuerzahler über den Umweg des französischen Verbandes FFFA und USA Football den American Football in den USA gefördert - ob das jetzt etwas ist, was eine sozialistische französische Regierung als ihre Aufgabe ansieht?

Auerbach - 21.07.2015

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