Heimspiel für Chicago

Eines muss man dem ehemaligen General Manager Phil Emery lassen: Bei den Drafts wurde er von Jahr zu Jahr bessern und den Jahrgang 2014 kann man bisher durchaus als Erfolg verbuchen. In seinen drei Saisons in der Windy City wählte er unter anderem Alshon Jeffery, Kyle Long und Kyle Fuller aus, dazu einige Spieler aus denen noch was werden könnte, wie zum Beispiel Jon Bostic, Ego Ferguson, Will Sutton, Ka’Deem Carey oder Brock Vereen. Deshalb kann man getrost sagen: Trotz Fehlentscheidungen wie Shea McClellin war Emery in der Draft deutlich besser als sein Vorgänger Jerry Angelo.

Dazu hat es allerdings zugegeben auch nicht viel gebraucht. Und deshalb sehnt sich Chicago endlich nach einem Manager, der in allen Phasen überzeugen kann. Ist der neue Verantwortliche Ryan Pace der richtige? Nach einer kleinen Preview in den letzten Monaten wird es für ihn nun zum ersten Auswahlverfahren seiner Manager-Karriere kommen - und das auch noch beim Heimspiel, denn die Draft ist dieses bei den Bears zu Hause.

Die Fans erwarten daher viel, der Jubel soll groß sein. Doch was haben Pace und John Fox vor, wen werden sie auswählen? Die Antwort ist bei Chicago diesmal praktisch unmöglich zu geben, denn - man kann das als Vor- wie auch als Nachteil sehen - die Mannschaft ist auf keiner Position wirklich schlecht noch wirklich gut aufgestellt. Deshalb ist eigentlich jedes Talent im Spiel.

Die beste Option in der ersten Runde wäre unter Umständen sogar ein Ersatz für Brandon Marshall, der nach New York getauscht wurde. An der siebten Stelle ist wohl noch entweder Amari Cooper oder Kevin White verfügbar, beide werden in der NFL zu überzeugen wissen und ihre Gegner über Jahre hinweg dominieren. Wide Receiver sollte deshalb auch so früh schon im Blickfeld stehen.

Ähnlich sieht es bei Defensive Linemen beziehungsweise Edge Rushers aus. Dante Fowler Jr. und Leonard Williams werden wohl schon von einem anderen Team ausgewählt worden sein, wenn Chicago an der Reihe ist, doch es bleiben womöglich immer noch Vic Beasley, Randy Gregory und Danny Shelton. Letzterer hat schon einiges Interesse vom Team zu spüren bekommen. Der wuchtige Nose Tackle würde besonders im Laufspiel seine Gegner hinwegfegen, doch wie sieht es in der Passverteidigung aus?

Gerade dort kann derweil Vic Beasley aus Clemson überzeugen. Der 22-Jährige ist über die Außen der Line enorm gefährlich und könnte durchaus ein Spieler werden, der jährlich eine zweistellige Anzahl an Sacks sammeln könnte. Randy Gregory bildet derweil die gute Mischung aus Pass und Lauf, ist aber auch sehr unerfahren, hatte schon mit Verletzungen zu kämpfen und den Drogentest bei der Combine bestand er nicht. Alle drei potenzielle Stars sind also eine gewisse Gefahr, doch wären ähnlich wie Cooper und White eine gute Wahl.

Über das Wochenende hinweg sollte neben Wide Receivers, Outside Linebackers und Defensive Linemen außerdem die Offensive Line verbessert werden. Bisher ist noch unbekannt, wer als Right Tackle auftreten soll und auch ein junger Center fehlt noch im System. In der ersten Runde ist es dafür wohl noch zu früh, aber ab Tag zwei gibt es zahlreiche Optionen. Cameron Erving von der Florida State würde beispielsweise die Lücke in der Mitte der Line füllen, Spieler wie Cedric Ogbuehi oder Donovan Smith derweil die Tackle-Position.

Hier gilt es aber, nichts zu überstürzen, denn auch in den späteren Runden könnte man noch ein paar gute Youngsters abgreifen. Andy Gallick, Max Garcia, Takoby Cofield oder Terry Pool sind nur ein kleiner Teil der zur Verfügung stehenden Spieler.

Spätestens ab Freitag ist aber letztlich jede Position im Spiel, auch Cornerback, hier ist an die Seminoles P. J. Williams und Ronald Darby oder den Ute Eric Rowe zu denken, Safety mit Derron Smith und Ibraheim Campbell oder sogar Quarterback. Besonders hier muss Pace enorm aufpassen, denn das Talent des diesjährigen Quarterback-Jahrgangs ist mehr als zweifelhaft. Sicherlich, Garrett Grayson oder Bryce Petty haben das Potenzial gute Starter abzugeben, aber derweil gibt es auch Spieler wie Bryan Bennett oder Brandon Bridge bei denen man mehr hofft, dass aus ihnen noch etwas wird, was sie noch nie gezeigt haben. Sogar Brett Hundley wird so mancher zu dieser Gruppe zählen. Solch eine Wahl kann man am Ende der Draft durchaus treffen, aber in der zweiten, dritten Runde? Bei so vielen mehr oder weniger großen Lücken?

Es wird jedenfalls eine enorm wichtige Draft, so viel steht fest. Denn so weit wie man meint ist diese Mannschaft gar nicht von einem möglichen Erfolg entfernt. Zwar wird das kommende Jahr wohl ein schwieriges werden, aber ab 2016 könnte man durchaus schon um eine Playoffs-Teilnahme mitspielen. Nur dafür braucht es nunmal ein gutes und junges Team. Und genau dafür ist die Draft da.

Zum Abschluss, ein Tag vor dem großen Tag entfernt, hier noch eine teamindividuelle Mock Draft für die Chicago Bears (hierbei werden selbstverständlich die eigenen Erwartungen und Bewertungen zu Rate gezogen):

Runde 1, Wahl 7: Kevin White (West Virginia, Wide Receiver; A. Cooper nach Oakland)
Runde 2, Wahl 39: Cameron Erving (Florida State, Center)
Runde 3, Wahl 71: Derron Smith (Fresno State, Free Safety)
Runde 4, Wahl 106: Garrett Grayson (Colorado State, Quarterback)
Runde 5, Wahl 142: Markus Golden (Missouri, Outside Linebacker)
Runde 6, Wahl 183: Austin Shepherd (Alabama, Offensive Tackle)

Kai Weiß - 29.04.2015

Der Crimson Tide Amari Cooper wäre der ideale Ersatz für Brandon Marshall. Doch ist er an der siebten Stelle noch verfügbar? (© Getty Images)