Premiere mit Schönheitsfehler

Das Playoff Selection Committee hat entschieden, und die traurige Erkenntnis ist, dass das alljährliche Rumgemurkse bei der Ermittlung des Meisters beziehungsweise der Teams, die die Chance bekommen, um die Meisterschaft zu spielen, auch nach der Einführung von Playoffs genauso weitergeht wie in den Zeiten der BCS (1998 bis 2013) und der Zeit davor, als der National Champion mit Hilfe zweier Umfrage-Ranglisten bestimmt wurde. Zunächst die nüchternen Fakten. Alabama vor Oregon, Florida State und Ohio State - so sehen die ersten vier Plätze der abschließenden Top 25 des Selection Committees aus. Daraus ergeben sich folgende Ansetzungen für die beiden Halbfinals, die am 1. Januar gespielt werden: Im Sugar Bowl in New Orleans trifft SEC Champion Alabama auf Big Ten Champion Ohio State, im Rose Bowl in Pasadena Pac-12 Champion Oregon auf den ACC Champion und letztjährigen National Champion Florida State. Die Sieger dieser beiden Partien bestreiten dann am 12. Januar das National Championship Game in Arlington vor den Toren von Dallas. Die beiden anderen Playoff-Kandidaten, TCU und Baylor aus der Big Twelve Conference, belegen die Plätze fünf und sechs und sind nicht dabei. Dieses Ergebnis ist, bei allem Respekt vor der unbestrittenen Stärke von Ohio State, sportlich nicht gerechnet und vor allem für TCU ärgerlich, das in der letzten Wochen noch Dritter des Playoff-Rankings hinter Alabama und Oregon war und trotz eines klaren Sieges am Samstag von Platz drei auf Platz sechs zurückgesetzt wurde.

Einen Sturm der Entrüstung löste das abschließende Ranking zunächst mal nicht aus, zum einen, weil sich die unmittelbar Betroffenen kurz nach der Veröffentlichung des Rankings noch nicht öffentlich geäußert hatten, vielleicht auch, weil am Sonntagabend in den USA die NFL im Mittelpunkt des Interesses steht, gewiss aber auch, weil diese Platzierungen niemanden überraschten. Dass die Top-Vier nach den Ergebnissen wahrscheinlich so aussehen werden, war nach den Spielen von Freitag und Samstag, in denen die sechs unmittelbaren Playoff-Kandidaten alle gewonnen hatten, keine große Überraschung. Drei Teams konnten sich nach ihren Siegen schon ziemlich sicher sein, dass sie einen der ersten vier Plätze belegen würden: Alabama, das im SEC Championship Game Missouri mit 42:13 abfertigte, Oregon, bereits am Freitag 51:13-Sieger im Pac-12 Championship Game gegen Arizona, und Titelverteidiger Florida State, der im ACC Chamionship Game gegen Georgia Tech zwar „nur“ mit 37:35 gewonnen hatte, aber als einziges FBS-Team ohne Niederlage durch die Regular Season gekommen ist.

Offen war, was das Selection Committee mit den drei übrigen mit einer Niederlage belasteten Kandidaten machen würde. TCU hatte am Samstag mit 55:3 gewonnen, aber gegen Iowa State, eines der schwächsten Teams aus den so genannten Power Five Conferences, Baylor (letzte Woche Sechster des Playoff-Rankings) hatte dagegen in einem Top-Ten-Duell Kansas State mit 38:27 geschlagen und war nie in Gefahr gekommen, das Spiel zu verlieren, und Ohio State (Fünfter in der Woche zuvor) hatte im Big Ten Championship Game Wisconsin mit 59:0 regelrecht vom Platz gefegt, was umso bemerkenswerter war, als die Buckeyes in der Vorwoche QB J.T. Barrett mit einer Verletzung verloren hatten und dessen Ersatzmann Cardale Jones zum ersten Mal in der Anfangsformation gestanden hatte. Auch wenn die Siege von Baylor und vor allem von Ohio State beeindruckender waren als der von TCU, hätte das Selection Committee an der Rangfolge dieser drei Teams untereinander vor dem Hintergrund der Saison-Gesamtleistung nichts ändern müssen, aber wer sich lange genug mit College Football beschäftigt und oft genug gesehen hat, wie das „Standing“ traditioneller „Power Houses“ Marke Ohio State diese bevorteilt hat, der konnte sich gut vorstellen, dass das Selection Committee einen Big Ten Champion Ohio State nicht draußen lassen würde und mit dem bärenstarken Auftritt im Big Ten Championship Game als Begründung vor TCU und Baylor platzieren würde. Und genau so kam es dann auch. „Ich denke, mit dem Auftritt im Big Ten Championship Game hat Ohio State demonstriert, dass es ein komplettes Team ist. Sie (die Buckeyes) haben den Verlust zweier Quarterbacks kompensiert und das ist ein bemerkenswertes Statement über die Qualität ihrer Mannschaft. Der Sieg im Championship Game war entscheidend dafür, sie auf Platz vier vorzuziehen“, erklärte Jeff Long, der Vorsitzende des Playoff Committees, die Entscheidung, Ohio State vor den beiden anderen zu platzieren.

Bis zu einem gewissen Grad kann man dem folgen, aber interessanter war die Frage, was sich an der Gesamtleistung von TCU verändert hatte, um ein Zurückstufen um gleich drei Plätze zu begründen. Danach gefragt, antwortete Long: „Als wir uns die Gesamtleistungen angeschaut hatten, ging es um ein Vorrücken von Ohio State. Es war Ohio States Vorstellung auf dem Feld, die für das Committee ausschlaggenbend dafür war, sie vorzuziehen. Es ging wirklich primär um Ohio State und nicht um TCU.“ Dieser Teil von Longs Begründung ist dann schon nicht mehr plausibel, denn gemessen an der Saison-Gesamtleistung hätte TCU den Vorzug vor Ohio State und Baylor bekommen müssen. Die Horned Frogs haben mehr Spiele gegen Teams bestritten, die zum Zeitpunkt der Partie in den Top 25s von AP, den Coaches und ab Ende Oktober des Playoff Selection Committees platziert waren (5), als Ohio State (3) und Baylor (2) und mehr Spiele gegen Top-Ten-Teams (drei gegenüber zwei von Baylor und einem von Ohio State). Dazu kommt, dass TCU einen mit Ohio State gemeinsamen Gegner, Minnesota, klarer besiegt hat als die Buckeyes (30:7 gegenüber 34:24).

Und auch vom anderen Ende her gesehen, sieht TCUs Saisonergebnis besser aus als das der beiden anderen. Während Baylor seine einzige Niederlage gegen West Virginia (Abschlussbilanz 7-5) kassierte und Ohio State von Virginia Tech (6-6) geschlagen wurde, noch dazu auf eigenem Platz, verlor TCU in einem Top-Ten-Duell beim Ranglisten-Fünften nach Verlängerung. Dass dieser Ranglisten-Fünfte der Playoff-Mitbewerber Baylor war, erschwerte die Situation, aber nachdem das Selection Committee in der Woche zuvor der gesamten Saisonleistung einen höheren Stellenwert beigemessen hatte als dem Ergebnis zweier gleichauf liegender Kandidaten untereinander, warum verfuhr es jetzt anders? Über diese Frage und eine Reihe weiterer Fragen wird in den nächsten Tagen und Wochen noch viel diskutiert werden. Zu befürchten ist nur, dass, wie so oft in der Vergangenheit, die falschen Fragen diskutiert beziehungsweise die entscheidenden Fragen gar nicht gestellt werden. Dass der Commissioner der Big Twelve Conference, Bob Bowlsby, jetzt glaubt, dass seine Conference ein Conference Championship Game braucht, weil seine beiden Playoff-Kandidaten für das Fehlen eines solchen bestraft wurden, ist verständlich. Dass Playoffs mit acht Teilnehmern besser wären als welche mit vier, weil dann nicht zwangsläufig immer eine der fünf Top-Conferences ohne Playoff-Teilnehmer bleiben würde, ist unbestritten. Letztlich ist die Beschäftigung mit solchen Fragen aber nicht mehr als ein Herumfummeln an Symptomen, das eigentliche Übel schafft man so nicht aus der Welt. In einer ernstzunehmenden Wettkampfsportart müssen klar definierte objektive Kriterien über den Ausgang einer Meisterschaft entscheiden, nicht die persönlichen Meinungen einer kleinen Anzahl von Einzelpersonen, ganz gleich, wie angesehen und potenziell qualifiziert diese Personen auch sind. Ob man nun einen Meister wählt, zwei Endspiel-Teilnehmer oder vier, oder acht, oder noch mehr Playoff-Teilnehmer - nicht die Anzahl der Teams ist das Problem, sondern die Art, wie man sie bestimmt. So lange die Entscheidungsträger des College-Footballs (beziehungsweise des College-Sports insgesamt) aber nicht die Kraft zu einer grundlegenden und umfassenden Reform aufbringen, nicht mal darüber nachdenken, ihrer Sportart eine klare, übersichtliche Organisationsstruktur zu geben, in der dann objektive Kriterien über die Playoff-Teilnehmer entscheiden könnten, wird es die gleichen Diskussionen, den gleichen Streit und den gleichen Frust immer wieder geben. Natürlich werden sich auch dieses Mal am Ende wieder alle beruhigen. Und wenn die drei Playoff-Spiele gespielt sind, wird des einen National Champion geben, der diesen Titel auch verdient hat. Aber das nächste kontroverse Votum des Playoff Committees kommt bestimmt.

Hoch - 08.12.2014

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