Ungewohnte Namen an der Spitze

Jubel bei den Fans der Mississippi State BulldogsDie Football-Fans im Bundesstaat Mississippi werden sich die am Sonntagabend deutscher Zeit veröffentlichten neuen Top-25-Ranglisten von AP und USA Today vermutlich ausschneiden und einrahmen. Dass die beiden Top-College-Teams des Bundesstaates zwei der ersten drei Plätze belegen, hatte es noch nie gegeben. Nach den jüngsten Erfolgen von Mississippi, am Samstag souveräner 35:20-Sieger bei Texas A & M, und Mississippi State, das Auburn mit 38:23 bezwang, ließen die abstimmenden Journalisten und Head Coaches ihre unschöne Neigung dazu, die Teams mit den großen Namen immer etwas zu bevorzugen, mal beiseite und wählten Mississippi State zur neuen Nummer eins, und gemessen an den bisher gezeigten Leistungen in dieser Saison wäre es auch gerechtfertigt gewesen, den schwächelnden Titelverteidiger Florida State gleich noch einen Platz weiter herabzustufen und Mississippi auf Platz zwei zu setzen. Aber auch so ist diese Momentaufnahme erfrischend genug, und man kann nur hoffen, dass sich zumindest einer der Beiden bis zum Ende der Regular Season da oben halten kann, genauer auch in der Rangliste des Playoff Selection Committees am Ende so hoch platziert sein wird und einen Platz in den Playoffs erreicht. Im Moment jedenfalls ist der Gedanke gar nicht mehr so abwegig, dass am 29. November nicht, wie von allen erwartet, das Lokalderby zwischen Alabama und Auburn um den Einzug ins Championship Game der SEC und den Verbleib im Rennen um einen der vier Plätze in den nationalen Playoffs entscheidet, sondern das zwischen Mississippi und Mississippi State und dass Beide ungeschlagen in dieses Duell gehen.

Die besseren Chancen muss man zurzeit Mississippi State einräumen. Das Team von Head Coach Dan Mullen zeigte bislang die „kompletteste“ Leistung aller Teams, und drei Siege gegen Teams, die zum Zeitpunkt des Spiels unter den ersten Zehn der Top 25 platziert waren, hat kein anderer vorzuweisen. Entsprechend wächst so langsam das Selbstvertrauen in der Mannschaft. „Es wird immer noch einige Leute geben, die Zweifel bezüglich unserer Qualität haben, aber ich denke, dass inzwischen mehr Leute erkennen, dass unser Erfolg kein Zufall ist“, sagte QB Dak Prescott nach dem Sieg gegen Auburn. Mullen tut sich mit Aussagen dieser Art noch schwer und mahnt eher - wie es Coaches in solchen Situationen eigentlich immer tun. „Es werden keine Titel nach der Hälfte der Saison vergeben. Wir müssen noch ein paar Dinge bereinigen und uns weiter steigern“, sagte er und verwies auf die vielen „Big Games“, die man in der SEC zu absolvieren hat. Das klingt abgedroschen, ist aber verständlich, schließlich haben sowohl sein Team als auch Mississippi, abgesehen vom direkten Aufeinandertreffen, in der zweiten Hälfte der Regular Season noch einige weitere dicke Brocken vor sich.

Während Mississippi und Mississippi State an diesem siebten Spieltag also gezeigt hatten, dass ihre Erfolge gegen Alabama beziehungsweise Texas A & M am sechten Spieltag mit seinem historisch einmaligen Favoritensterben offenbar kein Zufall waren, hatten andere Überraschungssieger des voraufgegangenen Spieltags das soeben Erreichte gleich wieder verspielt. Fast ein bisschen tragisch war dabei die Niederlage von TCU bei Baylor. Eine Woche nach dem Sieg gegen Oklahoma war TCU auch bei Baylor in Waco lange Zeit das bessere Team und führte in der Anfangsphase des vierten Viertels mit fast uneinholbaren 21 Punkten Vorsprung (58:37). In den letzten zehn Minuten brach das Team dann aber noch ein, kassierte im letzten Viertel letztlich 24 Punkte und 252 Yards (227 Yards bei Baylors letzten drei Angriffen), und verlor mit 58:61. Vor allem dieser Einbruch würde gewiss thematisiert werden, sollte TCU am Ende der Regular Season zu einem Kreis punktgleicher Playoff-Kandidaten gehören. Letzteres ist vorerst aber kein Thema. TCU muss jetzt erst einmal zeigen, dass es einen Rückschlag wie diesen wegstecken kann. Am Samstag hat man Oklahoma State zu Gast, ein Team, das nach den bisherigen Leistungen mit seiner aktuellen Top-25-Platzierung zwar völlig überbewertet ist, mit seinen vielen jungen Talenten aber durchaus das Potenzial hat, bei der Vergabe des Titels in der Big Twelve Conference mitzumischen. Eine zweite Niederlage in Folge und die Horned Frogs wären als „overrated“ entlarvt.

Vor allem muss TCU jetzt zeigen, dass es aus der Niederlage in Waco etwas gelernt hat. Die war letztlich auch selbstverschuldet. So schön es für Head Coach Gary Patterson ist, den in den letzten Jahren zu schwachen Angriff durchschlagskräftiger gemacht zu haben, dem Trend der letzten Jahre folgend auf schnelleres Spiel mit mehr Spielzügen und damit potenziell mehr „Scoring Opportunities“ zu setzen, kann aber auch zum Eigentor werden, weil auch der Gegner mehr Spielzüge bestreitet und systembedingt die Abwehr so anfälliger wird. Ein paar Zahlen unterstreichen das. TCUs längster Ballbesitz bestand aus neun Spielzügen und es war sowohl der letzte des Spiels als auch der einzige mit mehr als acht Spielzügen. Am Ende hatte Baylor 20 Spielzüge mehr bestritten als TCU (109 insgesamt), entsprechend mehr gefordert war die Abwehr von TCU. Vor allem gab es einen für TCU am Ende fatalen Trend: Das Verhältnis in der Anzahl der offensiven Spielzüge verschob sich mit zunehmender Spieldauer immer mehr zu Ungunsten der Horned Frogs. Allein im vierten Viertel musste TCUs Abwehr 13 Spielzüge mehr verteidigen als die des Gegners. Am Ende war die Abwehr so platt, dass Baylor im Angriff machen konnte, was es wollte.

Nicht ganz so spektakulär wie TCU wurde Arizona aus allen eventuellen Playoff-Träumen gerissen. Neun Tage nach dem 31:24-Sieg bei Oregon präsentierte sich die Mannschaft im Heimspiel gegen USC in der Offensive inkonsequent und in der Defensive anfällig, vor allem gegen das Laufspiel. Das Ergebnis war eine 26:28-Niederlage, die für die Wildcats besonders bitter deshalb war, weil man das Spiel trotzdem noch hätte gewinnen können, aber verlor, weil man einen Field-Goal-Versuch aus 36 Yards Entfernung wenige Sekunden vor Spielende vergab. Ein Rückschlag ist dieses Ergebnis aber nicht nur für Arizona sondern auch für die Pac-12 Conference. Die hat nach Arizonas Niederlage kein ungeschlagenes Team mehr und muss darum bangen, eines ihrer Teams in die Playoffs durchzubringen. Ihr Hoffnungsträger ist jetzt wieder Oregon, dass sich nach der Pleite gegen Arizona an diesem Wochenende deutlich bessser päsentierte und bei UCLA mit 42:30 gewann. Sollten die Ducks ihre restlichen Spiele alle gewinnen, was einen Erfolg im Conference Championship Game einschließen würde, dann würden sie am Ende gewiss zum Kreis der Playoff-Kandidaten gehören, weil sie in der zurzeit auf hohem Niveau wohl ausgeglichendsten Conference genug Erfolge gegen starke Konkurrenten gesammelt hätten. Die derzeitige Stärke der Pac-12 birgt aber auch immer die Gefahr weiterer Niederlagen. „Wir denken einfach nur von Spiel zu Spiel. Letztlich ist es nur ein weiterer Sieg. Darauf müssen wir aufbauen“, sagte QB Marcus Mariota nach dem Sieg in Pasadena.

Für UCLA dürfte die Niederlage gegen die Ducks das aus aller Playoff-Träume bedeuten. Die Bruins sind fraglos das Team, das gemessen an den Erwartungen vor der Saison an den letzten beiden Spieltagen am tiefsten gefallen ist - aktuell sogar ganz raus aus den Top 25. In der Preseason wurden sie zu den Teams gezählt, denen man die besten Chancen auf den Gewinn der National Championship eingeräumt hatte. Diese Erwartung hatte man schon in den ersten vier Spielen nicht erfüllen können. Dann verlor man in der Vorwoche auf eigenem Platz gegen Utah und jetzt gegen Oregon und steht plötzlich als überschätzt da, als ein Team, das dem Druck der Erwartungen nicht gewachsen war. „Das war definitiv eines jener Spiele, die die Meinung über unser Team hätten ändern können. Darauf haben wir hingearbeitet“, sagte LB Myles Jack nach dem Spiel gegenüber den lokalen Medien. Ansonsten bleiben dem Team eher Durchalteparolen. „Wir sind noch im Rennen. Wenn wir einen Weg ins Conference Championship Game finden, sind wir schon wieder weiter vorn“, so Jack. Weiter vorn vielleicht, aber auch weit genug? Im Moment jedenfalls muss UCLA erst einmal zusehen, nicht weitere Spiele zu verlieren, als sich in Playoff-Gedankenspielen zu verzetteln, was bei noch anstehenden Spielen gegen Arizona, Stanford und USC schwer genug wird.

Hoch - 13.10.2014

Jubel bei den Fans der Mississippi State Bulldogs

Jubel bei den Fans der Mississippi State Bulldogs (© Getty Images)

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