FBS und FCS - Die Schere wird größer

Jerry Rice spielte früher beim Mississippi Valley State.Die Entwicklung, die bereits in Deutschland in den 60er Jahren in der Fußballlandschaft stattgefunden hat, kann sich in den nächsten Monaten auch verstärkt im College Football weiter forcieren. Während mit der Einführung einer eingleisigen Bundesliga regionale Fußballclubs, die nicht den Sprung in das Oberhaus schafften und sich nicht weiter professionalisierten, auf Dauer in untere Ligen abwanderten, beziehungsweise ganz von der Bildfläche verschwanden, so wird in diesen Tagen in den USA ein ähnliches Szenario mit der Einführung der PlayOffs prognostiziert.

Auch wenn die Strukturen nicht im Maßstab 1:1 zu übertragen sind, so befürchten vor allem kleine Footballprogramme, dass ihnen zu Saisonbeginn lukrative Spiele mit höherklassigen FBS Teams abhanden kommen, die es sich nicht mehr aufgrund der erhöhten Anforderungskriterien des neuen PlayOff Komitees leisten können, die so genannten "Aufwärmspiele" Ende August/Anfang September zu veranstalten. Diese Erfahrungen hat zum Beispiel der Head Coach von Savannah State gemacht, der sich momentan eine Reihe von Absagen einhandelt, wenn er bei FBS Colleges nachfragt und um neue Spielpaarungen bittet. „Miami und Iowa haben schon abgesagt und es wird wohl so sein, dass die 2012er Begegnung gegen Florida State, die seinerzeit mit 55:0 gewannen, auch eine der letzten Partien gegen FBS Colleges gewesen sein wird.

Die Verlierer der Entwicklung, dass sich die Spitze der besten FBS-Football College Football Programme immer mehr von dem Rest der Meute entfernen, sind vor allem kleinere Universitäten und Colleges, die den „HBCU“ Hochschulen, also den historically black colleges and universities“ zuzuordnen sind. Der Trend, dass die besten Sportler auch zu den besten Colleges gehen, ist nicht neu, doch er verschärft sich nun um eine weitere Stufe. In den letzten Jahren haben die Bundesstaaten aufgrund der Sanierungsbemühungen für ihre öffentlichen Haushalte immer mehr die Förderung ihrer staatlichen Hochschulen reduziert. Das hat auch der Sport gespürt. Wer nicht so attraktiv ist und in nicht so wohlhabenden Regionen lebt, hat es schwerer, von ehemaligen Studenten Gelder zu erhalten, um ein Basketball- oder Footballprogramm aufrecht zu erhalten. Der Unterschied ist entsprechend in den letzten Jahren immer größer geworden. Während die Universität von Georgia zum Beispiel nur ihren zehn Footballcoaches rund 6,4 Mio US Dollar zahlt, müssen sich die HBCU Coaches mit weitaus weniger begnügen und werden entsprechend immer mehr von den Gegebenheiten des Marktes wie eine Zitrone ausgepresst.

Dazu gesellt sich der eigentlich erfreuliche gesellschaftliche Wandel in den USA, der erst durch die Bürgerrechtsbewegung und Dr. Martin Luther King in den 50er Jahren ausgelöst wurde. Seitdem sich alle Colleges und Universitäten den afroamerikanischen Sportlern geöffnet haben, die Hautfarbe immer mehr an Bedeutung verliert, sind auch die Fälle immer weniger geworden, dass die HBCUs bemerkenswerte NFL Spieler hervorgebracht haben. Während Spieler wie Jerry Rice (Mississippi Valley State), Walter Payton (Jackson State), Deacon Jones (Mississippi Valley State), Mel Blount (Southern) und Willie Lanier (Morgan State) früher am laufenden Band produziert wurden, so ist der Strom von Talenten zu diesen Universitäten genauso versiegt, wie der Output zu den relevanten Profiligen NFL und CFL. 2013 wurden nur noch zwei HBCU Spieler von der NFL rekrutiert und der Tennessee State Athlet Kadeem Edwards war auch der einzige Akteur, der jüngst zum Senior Bowl eingeladen wurde.

„Wir haben bemerkt, dass es einen Bruch in der Tradition gibt. Vor 10, 20, 30 oder 40 Jahren war es alltäglich, dass die Kinder dort studierten, wo ihre Eltern es bereits getan hatten. Das ist heute anders. Die Gesellschaft ist mobiler, die Rassenschranken niedriger, die realen Auswahlmöglichkeiten für Talente größer und scheinbar ist das Sendungsbewusstsein der afro-amerikanischen Bevölkerung nachhaltig stärker geworden. Absolventen der HBCU Colleges schaffen es heute kaum noch in die dritte oder vierte NFL Draft Runde“, meint auch Phil Savage, der früher als NFL General Manager und Coach tätig war und heute den Senior Bowl managt. Somit ist das „Milieu“ auch in den USA im Aufbruch, die Gesellschaft wird freier, doch die Opfer sind ausgerechnet die milieuorientierten Universitäten, die vor 60 Jahren antraten, als Fackeln der Bildung den unterprivilegierten Bildungsschichten eine neue Zukunft anzubieten.

So mag es auch nicht verwundern, dass Southern oder Grambling, die vor Jahrzehnten die einzigen Alternativen zu LSU darstellten, es immer schwerer haben, ihr Sportprogramm zu finanzieren, obwohl die Menge an Talenten in ihrer Region weiterhin üppig vorhanden ist. In der letzten Saison gab es sogar einen Spielerstreik bei Grambling State, da die Trainingsbedingungen für amerikanische Verhältnisse unhaltbar geworden waren, da die Universität kein Geld mehr für sportliche Neuinvestitionen hatte und hat.

Grambling ist kein Einzelfall. In der FCS Mideastern Athletic Conference (MEAC) besitzt South Carolina den größten Haushalt mit 12,7 Millionen US Dollar und in der Southwest Athletic Conference (SWAC) ist Alabama der Krösus mit 11,7 Mio. US Dollar. Jackson State verfügt sogar nur über 6 Mio. US Dollar pro Jahr. Dieses sind nur Peanutsbeträge, vergleicht man diese mit den Budgets von Texas (165 Mio US Dollar) oder Florida (129 Mio US Dollar).

Wenn nun diese besagten „Vorbereitungsspiele“ entfallen, dann drohen weitere Einnahmeverluste im dreistelligen US-Dollar Bereich und ein weiterer Abstieg ins Bodenlose. Savannah State verdiente immerhin 375000 US Dollar durch sein Auswärtsspiel in Miami vor zwei Jahren, die in bessere Trainingsmöglichkeiten und neue Coaches investiert wurden, musste aber bereits von der NCAA für ihre schwache Academic Progress Rate bestraft werden. Die Tigers dürfen in der kommenden Footballspielzeit an keinem Post-Game teilnehmen und müssen ihre Trainingszeiten pro Woche von 20 auf 16 Stunden reduzieren. Alabama State und Mississippi Valley State erhielten die gleiche Strafe.

Wie will Savannah State aber aus dieser drohenden Schraube nach unten reagieren? Die Marketingabteilung wurde bereits abgeschafft und gegen ehrenamtliche Studenten ersetzt. Studenten betreiben heute auch die Website. Bei wohlhabenden FBS Colleges wird regelmäßig angefragt, ob man nicht gebrauchte Uniformen erhalten könnte. Mit Coaching Clinics, Golfturnieren und dem Abschluss eines TV- Vertrages mit einem Regionalsender hat man immerhin zwei Football Stipendien bezahlen können und die Coaches bewegen sich beim Recruiting Prozeß innerhalb eines sechs Stunden Entfernungsradius, um Fahrgeldkosten zu sparen. Der Headcaoch Wilson arbeitet ferner ohne Sekretärin und Athletic Director und kann für Recruiting Maßnahmen auch nur maximal 25000 US Dollar pro Jahr ausgeben. Georgia gibt für das Recruiting alleine 600.000 US Dollar jährlich aus. „Wir sind nicht Georgia, doch wir tun, was wir können“, meint auch Head Coach Wilson, der weiß, dass der Abstand zur FBS Elite immer größer wird und es nur noch darum geht, ein eigenes, stabiles Programm zu gestalten, um nicht ganz von der Bildfläche zu verschwinden und um das Erbe der früheren Jahrzehnte weiter zu verwalten.

Schlüter - 23.02.2014

Jerry Rice spielte früher beim Mississippi Valley State.

Jerry Rice spielte früher beim Mississippi Valley State. (© Getty Images)

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