Der richtige Kunstrasen – Worauf es ankommt

Naturrasen haben vor allem in Regenperioden ihre Schwächen. Konventionelle Naturrasenflächen für die Ausübung von Mannschaftsballsportarten sind flächenmäßig begrenzt und zeitlich nur beschränkt nutzbar. Ein Naturrasen verträgt nur maximal 12 Spielstunden pro Woche, kann im Winter gar nicht und bei längeren Nässeperioden im Frühjahr und Herbst nur selten benutzt werden. Der anhaltende Fußballboom vor allem im Jugend- und Kindersport sorgt zusätzlich für einen Verdrängungswettbewerb, von dem Randsportarten besonders hart betroffen sind. Basierend auf diese Kurzanalyse entwickelte sich in den letzten verstärkt die Gilde der Kunstrasenproduzenten, um adäquate Alternativen zu entwickeln. Football-aktuell.de rechnete nach und kam zu einigen interessanten Ergebnissen.

Ein Ingenieursbüro hat vor geraumer Zeit einmal kalkuliert, dass ein DIN normierter Sportplatz mit einem Naturrasengroßfeld mit Beregnung einmalig ca. 180.000 Euro kostet, dafür die Pflege des Naturrasens als aufwändig zu bezeichnen ist. Jeder Naturrasen muss regelmäßig gedüngt, gemäht, bewässert, nachgesät und liniert werden. Demgegenüber wurde für ein Kunstrasenfeld der dritten und vierten Generation eine Alternativkalkulation erstellt. Das Spielverhalten solcher modernen Sportflächen ist kaum noch vom Naturrasen zu unterscheiden. Die FIFA hat es zum Beispiel mittlerweile zugelassen, dass auf Kunstrasen auch WM-Qualifikationsspiele ausgetragen werden dürfen, so dass vor allem die Beschaffungs- und Betriebskosten interessieren. Die Preise sind aufgrund der vielen Varianten von Kunstrasen breit gefächert. Ein solider Kunstrasenplatz der jüngsten Generation wird mit ca. 340.000 Euro taxiert. Die Pflege beschränkt sich auf das Kehren und Lockern der Füllungen und das Entfernen von Laub. Die Aufarbeitung mit Granulatfüllungen belaufen sich auf 5000 Euro und muss nur alle zwei bis drei Jahre durchgeführt werden. Als unschlagbar erweisen sich Kunstrasenplätze in der langfristigen Betrachtungsweise. Aufgrund der geringen Pflege- und Personalkosten, der überdurchschnittlich langen Nutzungsdauer und der stetigen Verfügbarkeit ergibt sich ein großer Vorteil für die künstliche Variante. Die relativen Kosten im Verhältnis zu den Nutzungszeiten pro Jahr sind fünfmal günstiger als die der klassischen Naturrasenflächen. Erfahrene Schatzmeister von Sportvereinen haben zudem erfreut festgestellt, dass der „Return of Investment“ bei Kunstrasenflächen nach drei bis fünf Jahren einsetzt. Zudem stößt der Naturrasen bei mehr als acht vorhandenen Mannschaften seine Kapazitätsgrenzen und verschleißt überdurchschnittlich.

Naturrasen
Baukosten = 180.000 Euro
jährliche Unterhaltungskosten = 22.000 Euro
Nutzungszeit in Stunden / Jahr = 400h
(Baukosten/10 Jahre +Unterhaltung)/Nutzungsstunden = 100 Euro

Kunstrasen
Baukosten = 340.000 Euro
jährliche Unterhaltungskosten = 6.000 Euro
Nutzungszeit in Stunden / Jahr = >2000 h
(Baukosten/10 Jahre +Unterhaltung)/Nutzungsstunden = 20 Euro

Daraus ergibt sich, dass ein Sportverein auch eine viel größere Anzahl von Mannschaften pro Zeiteinheit durch den Trainings- und Spielbetrieb durchschleusen und somit auch mehr Mitglieder für seine Zwecke generieren kann. In Skandinavien werden mittlerweile Kunstrasenplätze sogar mit unterirdischen Rasenheizungssystemen ausgerüstet. So bleibt der Platz auch bei den kältesten Temperaturen bespielbar. Mit der Pflege können Ehrenamtliche betraut werden und es bedarf keiner intensiven Ausbildung, um sich mit der Rasenkultur zu beschäftigen.

Besonders skeptisch wurde in der Vergangenheit die Verletzungsgefahr auf Kunstrasenflächen von den Sportlern selbst beurteilt. American Football ist bekanntlich eine robust gespielte Sportart und bei gesetzten Tackles und Stürzen kam es noch vor einigen Jahren auf Kunstrasenplätzen zu schmerzhaften Verbrennungen. Der Einsatz von Gummigranulat als Füllmaterial hat dazu geführt, dass in den Disziplinen Falldämpfung, Griffigkeit und Abrieb der Kunstrasen vergleichbar mit dem Naturrasen geworden ist. Der Kunstbelag hat sich aber auch im harten Trainingsbetrieb fachlich durchgesetzt. Aufgrund der immer gleichmäßig vorhandenen Rasenqualität kann vom Trainer das Verbesserungspotenzial der Spieler schneller erkannt werden. Gelöste Grassoden, Bodensenkungen oder Pfützen auf dem Spielfeld gehören der Vergangenheit an. Durch die von der Industrie mittlerweile massenhaft hergestellten abziehbaren Spielfeldmarkierungen ist es auch möglich, dass der Kunstrasen von unterschiedlichen Sportarten bespielt werden kann. Eine andere Variante ist bei Dauerbemalung möglich. Während der Fußballsport sein Feld in weißer Farbe markieren kann, könnte der Footballexperte seine “Hashmarks” in gelber Farbe dauerhaft auf die Fläche lackieren. Sehr schnell verläuft auch die Bauphase. Nach sechs bis acht Wochen Bauzeit ist ein Kunstrasen mit 15 Tonnen verbauten Kunstrasen bespielbar.

So gesehen, können Fußballer, Rugby- und American Footballspieler auf dem gleichen Kunstrasen spielen. Nur der Hockeysport ist nicht kompatibel, da aufgrund seiner Spielidee, der extrem kurze Kunstrasenbelag es ermöglichen muss, den Hockeyball schnell spielen zu können, während bei den anderen drei Ballspielsportarten der Dämpfungsschutz bei Stürzen, Grätschen und Tackles im Vordergrund steht.

Beim Kauf eines Kunstrasens kommt es ferner vor allem auf die Beratung an. Jede Sportart kennt unterschiedliche Bewegungsabläufe und besondere Anforderungen an die Grasfläche. Der Unterbau, die Qualität des Kunstrasens, die Fasertechnik und die Lebensdauer, beziehungsweise Pflege-, Deinstallations- und Recyclingkosten nach der Nutzungszeit sind einige Dinge, auf die der Verkäufer eingehen muss, wenn er seinen Kunden seriös beraten will.

Der Unterbau ist zum Beispiel besonders wichtig. Das ausgegrabene Gelände (30-50 cm Tiefe) wird zuerst vom Bauunternehmen mit einer wasserdurchlässigen Schicht, die aus Splitt, Kiessand oder anderen Mineralien gefüllt. Eingebaute Entwässerungsrohre sorgen dafür, das Regenwasser ungehindert abfließen kann. Eine Asphaltschicht sollte nur in Ausnahmefällen als Unterbau gewählt werden. Der Käufer hat sich zudem mit einigem Fachvokabular auseinanderzusetzen, um auch dem Verkaufsberater fachlich folgen zu können. Noch vor wenigen Jahren haben Kunstrasenproduktionsfirmen verstärkt eingeschnittene (fibrillierte) Kunstrasenfasern eingesetzt. Es hat sich herausgestellt, dass sich durch diese Einkerbungen die Fasern schneller abnutzen. Die führenden Produktionsfirmen sind mittlerweile auf verstärkte Monofilfasern umgestiegen, die der natürlichen Rasenstruktur ähneln und sich nach einer Belastung wieder automatisch in die Grundstellung zurück bewegen. Als Füllmaterial wird traditionell Sand, immer öfter aber ungebundenes Gummigranulat verwendet. Dieses Material sorgt für die nötige Stoßdämpfung und Elastizität. Wichtig ist auch das so genannte „Backing“, ein Trägergewebe, in das die Kunstrasenfaser eingearbeitet wurde. Ein hochwertiges Backing verhindert Falten und Spannungen, die bei Hitze und Kälte entstehen können.

Als ein weiterer Trend der Kunstrasenproduzenten lassen sich die Mischkulturen bezeichnen. Das Lambeau Field der Green Bay Packers wurde zum Beispiel zum besten professionellen American Football Field der USA gewählt. Es handelt sich um ein „Desso GrassMaster Spielfeld“ und besteht aus einem Naturrasen, der mit Kunstrasenfasern der Firma Desso, die auch in Wiesbaden eine Niederlassung unterhält, verstärkt wurde. 20 Millionen Fasern wurden in den Boden 20 cm tief eingearbeitet. Die Wurzeln des Naturrasens verwachsen mit den Kunstfasern und stabilisieren somit den gesamten Rasen, der sich widerstandsfähiger gegen den robusten Sport erweist und auch ergiebiger Regenwasser ableitet. Noch vor den „Käseköpfen“ haben die Denver Broncos diese relativ neue Technologie für sich entdeckt und bereits 2006 den Preis des „besten Spielfeldes für professionelles American Football” erhalten.

Schlüter - 22.07.2012

Naturrasen haben vor allem in Regenperioden ihre Schwächen.

Naturrasen haben vor allem in Regenperioden ihre Schwächen. (© Zelter Media Service)

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