Scorpions waren motivierter

Drin der Fisch: OT Nils BilinskiAm 18. September 2010 verloren die Schwäbisch Hall Unicorns im Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft 2010 im Haller Hagenbachstadion mit 45:56 gegen die Dresden Monarchs. 18 Spiele lang waren die Unicorns danach ungeschlagen - bis Samstag. Im Stuttgarter GAZi-Stadion ließen die dort beheimateten Scorpions beim GFL-Saisonauftakt 2012 die Haller Serie reißen und holten sich in einem überaus spannenden Spiel einen 10:6-Sieg gegen die deutschen Meister und beendete deren Serie nach 18 Siegen in Folge.
 
Samstagabend, 21.15 Uhr, im Stuttgarter GAZI-Stadion auf der Waldau. Auf den altehrwürdigen Tribünen befinden sich über 1.200 Zuschauer, rund 300 davon aus Schwäbisch Hall. Die Stuttgarter Offense um Quarterback Tom Schneider befindet sich an der 14-Yard-Linie der Unicorns. 8 Yards gilt es noch zu überbrücken, um ein neues First-Down zu erzielen, zwei Versuche sind bereits gespielt. Allerdings läuft den Scorpions die Zeit davon, noch 19 verbleibende Sekunden zeigt die Spieluhr an und die zweite von drei möglichen Auszeiten wurde soeben durch Head Coach Matthias Mecherlein genommen.
 
Die Offense der Scorpions und die Defense der Schwäbisch Hall Unicorns gehen in Position. Schneider ruft seine Kommandos über den Platz - man merkt förmlich, wie es im immer stiller wird im weiten Rund. Center Michael Messner übergibt den Ball an Schneider, dieser lässt sich in seine Pocket zurück fallen und hält Ausschau nach seinen Passempfängern - die Spannung im Stadion ist in diesem Moment fast schon greifbar, die Luft zum Zerreißen gespannt. Dann holt Schneider aus und wirft- über die Köpfe der Line-Spieler hinweg, geradeaus über die Mitte. Genau dort, rund 5 Yards vor der Haller Endzone befindet sich eine zwei Mann starke Deckung der Unicorns. Doch inmitten dieser sticht ein Spieler im roten Dress hervor: Receiver Richard Rewitzer. Und der Pass, von Schneider in Perfektion geworfen, findet tatsächlich sein Ziel. Rewitzer fängt den Ball, sprintet zwischen den Haller Verteidigern hindurch und gelangt in die Endzone. Und was dann geschieht, hat man auf der Waldau seit jenem, legendären Halbfinal-Spiel gegen die Berlin Adler im September 2007, nicht mehr gesehen: Auf der Haupttribüne und am Spielfeldrand bricht ein ohrenbetäubender Lärm los, unbändiger Jubel brandet auf und die Scorpions-Gemeinde liegt sich kollektiv in den Armen. Die Spieluhr zeigt noch 15 Sekunden an und jeder weiß nun: Die Scorpions, die nun 10:6 in Front liegen, haben den haushohen Favoriten am Rande einer Niederlage und stehen kurz davor, einen Sieg zu erringen, den ihnen außerhalb Stuttgarts im Vorfeld kaum einer zugetraut hatte.

Im Anschluss kommen die Unicorns nochmal in Ballbesitz. Beginnend an der eigenen 20-Yard-Linie, bleiben ihnen eben jene 15 Sekunden um die 80 Yards bis in die Stuttgarter Endzone zu überbrücken. Was hier nun zu beobachten ist, ist symbolisch für das ganze Spiel: Die Offense der Unicorns, die versucht die Defense der Hausherren zu überlisten, während diese sich tapfer gegen jeden Angriff stemmt. Und das Außergewöhnlichste spielt sich in diesem Moment am Spielfeldrand ab: Alle Spieler der Scorpions, die in diesem Moment nicht am Spielgeschehen teilnehmen - rund 25 an der Zahl - fassen sich bei den Händen, recken die Arme in die Höhe und zeigen so ihre Verbundenheit zu den Teamkollegen auf dem Platz. Diese wehren den ersten Angriff der Haller ab und im zweiten Versuch folgt die Erlösung: Safety Nico Göhner kann einen weiten Passversuch des Haller Quarterbacks Jake Spitzlberger an der eigenen 40-Yard-Linie abfangen. In diesem Moment läuft auch die Spieluhr aus und das ganze Stadion steht Kopf, die Sensation ist perfekt. 

Zuvor bot sich den Zuschauern ein Spiel, welches die Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern gar übertreffen konnte. Die Unicorns, angeführt von ihrem Neuzugang Jake Spitzlberger, marschierte ein ums andere Mal über das Feld, während die Offense der Scorpions oftmals noch in der eigenen Hälfte die Segel streichen musste. Allerdings gab es hier einen beträchtlichen Unterschied zwischen den Teams: Die Scorpions gelangten über das gesamte Spiel hin zwar nur drei Mal in Schlagdistanz, doch aus zweien dieser drei Situationen konnten sie Kapital schlagen. Im ersten Quarter in Form eines 35-Yard Field Goals durch Matthias Scheuring zum 3:0, was auch der Halbzeitstand war und eben durch jenen Touchdown von Rewitzer kurz vor Ende der Partie.

Die Offense der Haller hingegen befand sich insgesamt sechs Mal innerhalb den 20-Yards vor der Stuttgarter Endzone. Die Bilanz: Ein Touchdown zum zwischenzeitlichen 3-6 durch Waldemar Schander im dritten Quarter, ein Fumble, erzwungen von John W. Pike und erobert von Jasson Scott, eine Interception durch Gabriel Kalus und eine weitere durch Pike, ein weiterer Fumble den die Defensive Line der Scorpions erobern konnte und ein Turnover on Downs zum Ende der ersten Halbzeit hin.

Allein vier dieser Turnover spielten sich noch in der ersten Halbzeit ab, objektiv betrachtet lässt sich also festhalten, dass die Unicorns bereits zur Halbzeitpause mit einer komfortablen Führung im Rücken in die Kabine hätten gehen können. Andererseits war von Beginn an zu sehen, dass bei der Offense der Unicorns noch einiger Sand im Getriebe war. So stimmte die Abstimmung zwischen Quarterback Jake Spitzlberger und seinen Receivern oftmals nicht, aber auch das Laufspiel war bei weitem nicht so dominant wie noch beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Teams in Stuttgart.
 
Die Scorpions hingegen wehrten sich von der ersten Sekunde an nach Leibeskräften und boten eine couragierte und engagierte Leistung. Von Beginn an war der unbedingte Siegeswille jedem einzelnen Spieler im Gesicht abzulesen und so wuchs so manch einer über sich hinaus. In der Offense bestach das Trio Tom Schneider, Fabian Weigel und Matthias Scheuring ein ums andere Mal, so konnten allein Weigel und Schneider 20 Pässe von Schneider - meist mit einer hervorragenden Präzision geworfen - für Raumgewinn empfangen. Und waren diese drei Mal nicht zur Stelle, sprangen andere in die Bresche: Backup-Quarterback Steffen Haenelt, der zwei spektakuläre Läufe zeigte, Running Back Raphael Schneider und wie bereits erwähnt Receiver Richard Rewitzer, um nur einige zu nennen.
 
Der Defense der Scorpions gelang es wiederum, immer dann zur Stelle zu sein, wenn es zählte. Ganz gleich ob die Linebacker um Jasson Scott, Thomas Frach und Rückkehrer Oliver Metzger; das Backfield mit John W. Pike, Gabriel Kalus, Nico Göhner und Florian Hansen oder auch die Line um den Neuzugang aus Brooklyn, Kevin Phanor, und Daniel Mirus; sie alle brachten die gegnerische Offense mehr als nur ein Mal in Verlegenheit und zeigten der Haller Offense an diesem Tag ihre Grenzen auf.
 
Auch wenn dieser 12. Mai 2012 fortan als eine Art Feiertag im Kalender der Scorpions vermerkt sein wird, so darf man dennoch nicht vergessen, dass dies erst der Auftakt zu einer langen Saison war und dass auch dieser Sieg nur zwei Punkte wert ist. Am kommenden Sonntag gilt es nun, beim Auswärtsspiel in Marburg die gute Leistung aus dem ersten Spiel zu bestätigen. Bis dahin aber dürfen die Scorpions, noch das eine oder andere Mal mit stolz geschwellter Brust auf das Spiel vom vergangenen Samstag zurück blicken und an den Moment denken, als Richard Rewitzer jenen Pass von Tom Schneider in die Haller Endzone trug.

Peter Lorenz - 14.05.2012

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Drin der Fisch: OT Nils Bilinski (© CS-Sportfoto)

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