Wiesbaden knapp an der Sensation vorbei

Der zehnte GFL-Auftritt der Wiesbaden Phantoms hatte es in sich. Die Mannschaft von Sven Gloss holte gegen den ungeschlagenen Tabellenführer und Meisterschaftskandidaten aus Schwäbisch-Hall in einer begeisternden zweiten Halbzeit fast noch einen 14:40 Pausenrückstand auf und lieferte dem haushohen Favoriten einen spektakulären Kampf auf Augenhöhe. Am Ende hieß es 43:57 - ein Ergebnis, das man mit einer besseren Leistung im ersten Durchgang durchaus hätte freundlicher gestalten können.

600 Zuschauer, die den durchwachsenen Witterungsbedingungen trotzten, riss es gleich in Serie von den Sitzen im Helmut-Schön-Sportpark, als Phantoms-Spielmacher Kevin Brüngel seine Mannen zu Beginn des letzten Spielviertels auf ganze fünf Punkte an die „Einhörner“ heranbrachte. Diese fingen sich nach für sie bangen Minuten aber gerade noch rechtzeitig, um 40 Sekunden vor Spielende den Sack endgültig zuzumachen.

Dass nach einem letzten versuchten Touchdown-Pass von Kevin Brüngel in der letzten Spielsekunde die Spieler beider Mannschaften die Arme gen Himmel reckten - für einen sportlichen Verlierer eher ungewöhnlich - hatte seinen Grund: Denn während die Unicorns glücklich über den unerwartet knappen Saisonsieg auf dem Weg in die Playoffs waren, feierten sich die Spieler der Gastgeber völlig zu Recht selbst für einen moralischen Sieg. Für eine beeindruckende Vorstellung gegen einen im Vorfeld schier übermächtig erscheinenden Gegner, den man über weite Strecken der zweiten Halbzeit von einer Verlegenheit in die nächste stürzte.

„Diese Niederlage fühlt sich an wie ein Sieg“, brachte es Phantoms-Cheftrainer dann nach dem Spiel auch auf den Punkt. „Die Jungs haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Dass wir gegen die offensivstärkste Mannschaft der GFL einen derart offenen Kampf führen konnten, wird uns für die verbleibenden wichtigen vier Spiele nach der Sommerpause Selbstvertrauen und Mut geben. Insgeheim hatten wir darauf gehofft, die Unicorns ein wenig ärgern zu können. Dass wir im vierten Quarter gegen die Ausnahme-Mannschaft von Siggi Gehrke sogar um den möglichen Sieg spielten, ist eine echte Sensation. Die Mannschaft kann sehr stolz auf sich sein!“

Einem abgeklärten, routinierten Unicorns-Quarterback Aaron Boehme und seinen US-Kollegen Justin Joslin und Dusty Thornhill war es laut Unicorns-Trainer Gehrke zu verdanken, dass der Titelkandidat gerade noch rechtzeitig zurück in die Spur fand, die spürbare Nervosität in der Gästemannschaft sich nach den 21 Phantoms-Punkten in Folge nach und nach wieder legte und Boehme sein Team zu dem unerwartet knappen Sieg führen konnte. Routine siegte über beherzte Spielfreude.

Überhaupt lieferten die Spielmacher auf beiden Seiten eine famose Vorstellung. Während Boehme auf Seiten der Unicorns einmal mehr demonstrierte, dass er der derzeit wohl beste Quarterback in der GFL ist und für unglaubliche 580 Yards Raumgewinn und sieben Touchdowns Pässe warf, zeigte Wiesbadens junger Quarterback Kevin Brüngel sein bisher bestes Saisonspiel: 19 vollständige Pässe für 380 Yards Raumgewinn und vier Touchdowns. Zudem war Brüngel auch gut zu Fuß unterwegs, erlief insgesamt 86 Yards und erzielte einen Touchdown selbst.

In der ersten Halbzeit nahm das Spiel zunächst seinen erwarteten Verlauf. Aaron Boehme sorgte mit seinem Touchdown-Pass auf Bernd Wollensack für die frühe Führung der Gäste, die schnell nachlegen konnten, als Justin Joslin seinen ersten von insgesamt drei Touchdown-Pässen fing. Nach dem schnellen 13:0 setzten aber die Phantoms ein erstes Ausrufezeichen. Jannik Markgraf griff sich einen tiefen Brüngel-Pass und verkürzte auf 13:7 (Extrapunkt Ihl). Postwendend aber der nächste Touchdown von Justin Joslin, und nach dem 19:7 zum Ende des ersten Spielviertels zogen die Unicorns durch Touchdown-Fänge von Felix Brenner und Thomas Hambalek schließlich auf 33:7 davon, dem Endstand des Hinspiels. Doch diesmal waren noch mehr als zwei Spielviertel zu spielen. Zunächst verkürzte Marcel Duft für seine Phantoms auf 14:33, bevor Justin Joslin sieben Sekunden vor der Pause erneut zuschlug und den Halbzeitstand von 40:14 herstellte.

„Wir wollten mit Beginn der zweiten Halbzeit nochmals einen drauf legen, das ist uns nicht gelungen. Stattdessen haben die Phantoms das Ding nochmal richtig spannend gemacht“, fasste Gehrke in der Pressekonferenz zusammen, was sich in den zweiten 24 Minuten abspielte. Während die Unicorns im dritten Spielviertel punktelos blieben, kämpften sich die Phantoms durch Touchdowns von Marcel Duft und Kevin Brüngel auf 28:40 heran. Sechs Sekunden waren im letzten Spielviertel gespielt, als Richard Edens sich einen 42 Yard-Pass von Kevin Brüngel schnappte und den Helmut-Schön-Sportpark endgültig in ein Tollhaus verwandelte. Nur noch 40:35 für Schwäbisch-Hall, die Sensation war greifbar.

Doch die Unicorns kriegten noch einmal die Kurve. Aaron Boehme dirigierte seine Mannen in den nächsten Minuten zu zehn Punkten. Allerdings: In drei Versuchen von der 4 Yard-Linie der Phantoms schafften es die Haller nicht in die Endzone, mussten sich nach dem vorherigen Touchdown von Dusty Thornhill diesmal mit einem kurzen Field Goal durch Christian Devincentis zum 50:35 begnügen. Die Entscheidung? Mitnichten. Kevin Brüngel führte seine Offense über 90 Yards zum erneuten Touchdown. Zunächst ein 70 Yard-Pass auf Robin Bräuer, anschließend ein erfolgreich ausgespielter 4. Versuch bei 16 noch zu überbrückenden Yards (Jannik Markgraf) und Andre Jones durfte über seinen kurzen Lauf in die Endzone jubeln. Robin Bräuer vollendete die anschließende Conversion für zwei Zusatzpunkte und die Phantoms waren mit dem 43:50 rund drei Minuten vor Spielende wieder in Schlagdistanz.

Schwäbisch-Hall gegen den ohrenbetäubenden Lärm auf der Tribüne und eine beherzt kämpfende Phantoms-Defense hieß es dann im Anschluss. Doch der Titelkandidat zeigte, aus welchem Holz er geschnitzt ist und marschierte über das Feld, nahm zudem fast zwei Minuten Spielzeit von der Uhr. Felix Brenner krönte seine tolle Vorstellung schließlich 40 Sekunden vor Schluss mit der endgültigen Entscheidung und vollendete ein Boehme-Zuspiel aus 5 Yards zum letzten Touchdown des Tages.

Denn das letzte Aufbäumen von Kevin Brüngel und Co. blieb ohne Belohnung. 60 Yards ging es in den verbleibenden Sekunden nochmals in Richtung Unicorns-Endzone, doch der letzte Pass aus 3 Yards Distanz in der letzten Spielsekunde blieb unvollständig. Ein atemberaubendes Spiel ging zu Ende und beide Mannschaften durften sich den verdienten Applaus und Jubel der Zuschauer abholen. Ein sportlicher und ein moralischer Sieger wurden für ein Spiel gefeiert, an das man zumindest als Spieler und Fan der Phantoms noch lange denken wird. Der Tag, an dem man fast das unmöglich Erscheinende schaffte und eine Niederlage erlitt, die sich wie ein Sieg anfühlt.

Am 6. August geht es für die Mannschaft von Sven Gloss erst weiter. Eine fünfwöchige WM-Pause, die man nutzen wird, sich an die zuletzt guten Vorstellungen zu erinnern und Kraft für die verbleibenden vier Saisonspiele zu tanken. Selbstvertrauen dürfte nun zur Genüge vorhanden sein.

Schüler - 27.06.2011

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