Cowboys retten sich in Weinheim

Wenn man die Footballer der Weinheim Longhorns nach ihrem schlimmsten Gegner in dieser Saison fragt, so bekommt man eine nicht gerade überraschende Antwort: sie selbst. Das war auch wieder am Sonntagnachmittag im Sepp-Herberger-Stadion zu sehen, als der Weinheimer Bundesligist im Kellerduell gegen die Munich Cowboys eine herbe 20:46 Niederlage einstecken musste. Damit rücken alle Chancen des Teams von Head Coach Shawn McBrayer auf den Klassenerhalt ohne den Gang in die Abstiegsrelegation zu schaffen in weite Ferne.

Pleiten, Pech und Pannen bestimmten das Weinheimer Spiel früh. Profitieren davon konnte der Gegner aus München, der gegen die eigentlich gut aufgestellte Verteidigung der Weinheimer doch immer wieder Punkten konnte. Gerade die langen und risikoreichen Spielzüge der Cowboys führten überraschend zum Erfolg und so bauten die Gäste ihre Führung bis Mitte des dritten Viertels auf 0:36 aus. Erst dieser hohe Rückstand ließ Weinheim aufwachen, auch wenn diese Aufholjagd sicherlich vom Einsatz der Backups bei den Cowboys begünstigt wurde. Plötzlich funktionierten die Pässe, die in der gesamten ersten Halbzeit keinen Erfolg hatten und die Longhorns konnten Zug um Zug aufholen.

Mit einem Pass findet Head Coach/QB Shawn McBrayer zunächst WR/RB/CB James Taylor zum 6:36, kurz darauf ist er es selber, der aus kürzester Distanz in die Münchner Endzone läuft. Ein weiterer Pass auf James Taylor zur Two-Point-Conversion ist ebenso vollständig und so steht es nur noch 14:36. Und die Weinheimer Angriffsmaschinerie läuft weiter. Rund sechs Minuten vor dem Ende ist es ein Pass von McBrayer, der WR Alex Edelbrock in der Endzone zum 20:36 findet. Hoffnung keimt noch einmal auf in der Weinheimer Teamzone und man riskiert einen weiteren Spielzug, um den Rückstand per Two-Point-Conversion um weitere zwei Punkte zu verkürzen. McBrayer visiert erneut James Taylor an, doch ein Münchner Verteidiger fängt den Pass vor Taylors ausgestreckten Armen ab und trägt diesen über 101 Yards in die Endzone der Longhorns zum 20:38. Ein Lauf von Ex-Frankfurt Galaxy Star-RB Ingo Seibert in die Weinheimer Endzone besiegelt die Niederlage der Gastgeber schließlich kurz vor dem Ende.

„Wir haben uns das Leben heute wieder selbst schwer gemacht. Man kann nicht nur eine Halbzeit guten Football spielen und erwarten zu gewinnen. Wir müssen endlich mal ein ganzes Spiel lang unsere normale Leistung abrufen“, erklärt ein sichtlich enttäuschter Weinheimer Spielertrainer Shawn McBrayer nach dem Spiel. "Aber wir werden sicher auch nach dieser Niederlage wieder aufstehen und in den kommenden Spielen alles geben."

Für die Weinheimer Footballer ist nach dieser Niederlage die Ausgangsposition denkbar ungünstig, während München schon fast den Klassenerhalt feiern kann. Nur ein Sieg in München mit mehr als 27 Punkten Differenz, sowie ein Überraschungssieg in den verbleibenden Spielen, kann den Gang in die Abstiegsrelegation noch verhindern. „Sicher werden wir weiter kämpfen. Ich denke mit einem Erfolgserlebnis könnte auch bei einigen jungen Spielern der Knoten platzen. Ich hoffe, dass wir in München die Überraschung schaffen und dann vielleicht gegen Essen oder am letzten Spieltag gegen den vielleicht bis dahin feststehenden Südmeister Marburg nochmal gewinnen können. Ansonsten müssen wir versuchen uns in der Relegation gegen den Zweitplatzierten der GFL 2 Süd durchzusetzen. Einfach wird dieses Spiel aber sicher auch nicht“, so McBrayer zu den Aussichten des Teams.

Dass es eine schwierige Saison für die Longhorns werden würde, war allen Beteiligten von Saisonbeginn an klar. Dass man jedoch so erfolglos abschneiden würde, daran dachte man in Weinheim nicht einmal. So kommen gleich mehrere Gründe zusammen, warum Weinheim an das Tor zur GFL 2 klopft. Zum einen der kleine Kader und das immense Verletzungspech, zum anderen auch eher unglückliche Personalentscheidungen. Schwer wiegt sicher der Abgang zahlreicher Leistungsträger zu den Konkurrenten der GFL Süd, vor allem nach Marburg. Doch auch die Verfplichtung des als Hoffnungsträgers gefeierten QB Mitch Watkins entpuppte sich als großer Flop, ebenso sinkt die Trainingsbeteiligung in diesem jungen und unerfahrenen Team mit jeder weiteren Niederlage. "Ich bin doch nicht aus Heidelberg hierher gewechselt, um dann zu verlieren", hörte man am Sonntag einzelne Spieler schimpfen, doch sollten diese eben die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass Football in der GFL um einiges schneller und härter gespielt wird, als sie es bisher gewohnt waren.

"Wir sind leider aufgrund des kleinen Kaders auch sehr ausrechenbar", muss auch McBrayer zugeben. "Der Gegner stellt sich hauptsächlich auf unser Passspiel ein, denn das Laufspiel ist leider kaum vorhanden. Und wenn James Taylor dort auftaucht, dann weiß man sowieso, was wahrscheinlich kommt." Ein wenig in Vergessenheit gerät dabei aber der Fakt, dass Weinheim auch nach dem Abgang von Chris Jackson noh über talentierte Passempfänger verfügt. Zu sehr zentriert sich die Taktik von McBrayer auf Ex-Galaxy CB James Taylor, der jedoch ebenso unbestritten die gefährlichste Waffe der Longhorns im Angriff darstellt.

So muss man sich fragen, ob ein Abstieg aus der GFL den Weinheimern nicht vielleicht sogar gut tut. Einmal hätten die Nachwuchsspieler mehr Zeit sich auf das höhere Spielniveau anzupassen, desweiteren könnte man in der Winterpause daran arbeiten bei hoffentlich konstanter Kaderbesetzung diese Mannschaft zu alter Stärke zurückzuführen. In der momentanen Form wäre sogar ein Überleben in der GFL 2 bestenfalls als problematisch zu bezeichnen.

Schüler - 09.08.2010

Münchens Verteidigung stoppt alle Hoffnungen der Longhorns auf den Klassenerhalt (© Schüler)