Ausnahmezustand in Marburg

Schenkten sich nichts Marburg und Dresden gaben alles, am Ende war Marburg der glückliche Gewinner. Die Marburg Mercenaries sind durch ein 64:63 gegen die Dresden Monarchs in das Halbfinale um den German Bowl eingezogen. Soviel zu den nüchternen Fakten. Die eigentliche Geschichte des Spieles erzählt jedoch von unfassbarer Spannung, unglaublicher Emotionalität und einigen Hauptakteuren, die alles auf dem Rasen ließen und dem Viertelfinale eindrucksvoll ihren Stempel aufdrückten.

Kurz nach der Halbzeit schien das Spiel eigentlich schon gelaufen. Die zuvor vielgescholtene Defense der Hessen hatte bis dahin einen guten Tag erwischt und die explosive Offense um Quarterback Kyle Israel nach besten Kräften eingedämmt. 35:14 stand es zu diesem Zeitpunkt und eigentlich war alles „business as usual“ im Georg-Gaßmann-Stadion. Sean Cooper hatte zu diesem Zeitpunkt schon vier Touchdowns erzielt und in Talib Wise auf Seiten der Monarchen schon früh sein Äquivalent entdeckt. Dann fumbelte Cooper und es entwickelte sich jener Plot, der das vielbemühte „Hitchcock Zitat“ geradezu heraufbeschwor. Dresden konterte mit drei Touchdowns in Folge und glich zum 35:35 aus, wobei Kyle Israel in dieser Phase das Ruder fest an sich riss und sein Passspiel zunehmend an Leichtigkeit gewann.

Vorbei war nun die Zeit der großen Führungen. Vielmehr entspann sich ein Schlagabtausch, der die Zuschauer bis zuletzt in seinen Bann zog. Chronologisch betrachtet legten die Mercenaries mit Beginn des letzten Spielviertels immer einen Touchdown vor, den die Elbstädter postwendend egalisieren konnten. Beim Stande von 49:42 für die „Söldner“ dann eine vermeintlich spielentscheidende Szene, als Running Back Michael Andrew – von seinem Trainerstab mit nur 10 Carries an diesem Tag auf Teilzeit gesetzt – das Ei verlor und es Linebacker Sebastian Lau für seine Farben sichern konnte. Doch Marburg schaffte es nicht den Sack endgültig zuzumachen. Im Gegenteil warf Quarterback Joachim Ullrich im folgenden Drive seine erste und einzige Interception an diesem Nachmittag, die „Iron man“ Talib Wise - der über die gesamte Spielzeit entweder als Wide Receiver oder Defensive Back auf dem Feld stand – verzeichnen konnte. Durch ein Personal Foul der Marburger weiter unterstützt befand man sich nun bereits an der 10 Yard Linie des Gegners. Drei Versuche später hatte Quarterback Kyle Israel seine über 100 Kilogramm aus rund drei Yards in die Marbuger Endzone gewuchtet. Mit noch einer Minute auf der Uhr deutet nun erstmals alles auf eine Verlängerung hin, oder doch nicht ? Denn die Mercenaries übernahmen den Ball an der eigenen 40 und überbrückten mit nur zwei Spielzügen weitere 30 Yards, um sich plötzlich zumindest in Field Goal Reichweite wiederzufinden. Doch soweit kam es nicht, denn Head Coach Filip Pawelka entglitt das Spielgerät welches anschließend von Talib Wise – wem sonst - über das gesamte Feld zurückgetragen wurde. Die Zuschauer hielten den Atem an, als Flaggen auf dem Rasen entdeckt wurden und als wäre dem „Footballgott“ dieses Ende zu profan, gab es eine Holding Strafe gegen Dresden, welche die Line of Scrimmage an die eigene 36 Yard Linie verlegte. Letztendlich beendete ein zu hoher Snap die reguläre Spielzeit mit dem Spielstand von 49:49 und bescherte damit den Spielern die so gefürchtete Overtime, den Zuschauern jedoch eines dieser ungewöhnlichen Ereignisse, die es in der GFL nicht oft zu bestaunen gibt.

Das rasante Tempo wurde in der Overtime beibehalten. Cooper mit zwei Läufen und Fullback Dominic Heinz aus einem Yard sorgten für die 55:49 Führung, die nach Pass von Ullrich auf Tischkau, vorangegangen war ein schlechter Snap, sogar auf 57:49 ausgebaut werden konnte. Dresden jedoch blieb cool. Die Combo Israel auf Wise egalisierte umgehend und ab ging es in die „Double Overtime“. An diesem Nachmittag wunderte man sich ja sowieso über nichts mehr. Der mit 369 Yards netto wieder einmal alles überragende Cooper brauchte genau zwei Ballberührungen um die 64:57 Führung und zugleich seinen siebten Touchdown (!) des Nachmittags zu erzielen (PAT: Duft) Langsam brach die Dunkelheit über Marburg herein, als die aufopferungsvoll kämpfenden Dresdner letztmalig den Platz betraten. Sie ließen sich auf ihrem Weg in die gegnerische Endzone auch nicht von einem Personal Foul aufhalten, nur um dann diese eine, finale Entscheidung aus der Retrospektive falsch zu treffen. Mit einer Two-Point.-Conversion wollte man den „Söldnern“ die Möglichkeit nehmen erneut zu punkten. Dafür sorgen sollte Quarterback Israel, der doch das ganze Spiel über bei jedem Rush zumindest ein paar Meter nach vorne gekommen war. Nicht so dieses Mal. Die Defense der Marburger hatte den Braten gerochen und alle Lücken zugemacht. Israel ging zu Boden und für Marburg gab es kein Halten mehr. Das Feld wurde gestürmt und die Begeisterung kannte keine Grenzen.

Rückblickend auf jeden Fall eine Werbung für den Footballsport und ein Spiel, welches eigentlich keinen Verlierer verdient hatte. Gespickt mit „momentum changes“ und vielen kleinen Helden wie Christoph Würz, dem kurz vor der Pause ein unglaublicher Fang zum Touchdown gelang oder Marcel Duft, der ob der dünnen Personaldecke sowohl als Cornerback als auch Receiver auflief, entwickelte sich ein denkwürdiger Nachmittag, der allen Beteiligten noch lange im Gedächtnis haften bleiben wird.

Marburg Mercenaries 6 22 7 14 15 64
Dresden Monarchs 7 7 14 21 14 63

Wise 75-Yard-Punt Return (PAT: Schröder)
Cooper 25-Yard-Lauf
Cooper 2-Yard-Lauf (TPC: Duft)
Cooper 10-Yard-Lauf (PAT: Duft)
Wise 14-Yard-Pass von Israel (PAT: Schröder)
Würz 40- Yard-Pass von Ullrich (PAT: Duft)
Cooper 45-Yard-Lauf (PAT: Duft)
Israel 2-Yard—Lauf (PAT: Schröder)
Martini 16-Yard-Pass von Israel (PAT: Schröder)
Israel 2-Yard-Lauf (PAT: Schröder)
Cooper 35-Yard-Lauf (PAT: Duft)
Wise 10-Yard-Pass von Israel (PAT: Schröder)
Cooper 31-Yard-Lauf (PAT: Duft)
Israel 3-Yard-Lauf (PAT: Schröder)
Heinz 1-Yard-Lauf (TPC: Tischkau)
Wise 20-Yard-Pass von Israel (TPC: Israel)
Cooper 22-Yard-Lauf (PAT: Duft)
Wise 6-Yard-Pass von Israel

Zuschauer: 1.400

Bredendiek - 07.09.2009

Schenkten sich nichts Marburg und Dresden gaben alles, am Ende war Marburg der glückliche Gewinner.

Schenkten sich nichts Marburg und Dresden gaben alles, am Ende war Marburg der glückliche Gewinner. (© Schneider)

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